Regierungssekretär Josef Ospelt ersucht die Gemeinden um einen jährlichen Beitrag für eine Waisenanstalt, welche die Schwestern vom Kostbaren Blut auf Gutenberg einzurichten gedenken


Handschriftliches Schreiben der Regierung, gez. Regierungssekretär Josef Ospelt, an die Ortsvorstehungen [1]

17.6.1920

Erlass

An alle O.V.

Eine Abteilung der Schwestern vom kostbarsten Blute wäre bereit, in dem durch den Wegzug der Schwestern der christl. Liebe [2] frei werdenden fürstl. Schlosse Gutenberg eine Waisenanstalt verbunden mit einer Haushaltungsschule einzurichten, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie aus öffentlichen Mitteln entsprechend unterstützt wird.

Die O.V. wird eingeladen, nach baldigster Fühlungnahme mit dem dortigen Gemeinderate in kürzester Frist anher zu berichten, ob die Gemeinde bereit wäre, freiwillig einen allenfalls später zu bestimmenden Betrag für Zwecke der gedachten Waisenanstalt jährlich zu widmen; der bezüglichen Sitzung sollte auch der Herr Pfarrer beigezogen werden.

Weiter ist zu berichten, wie viele Kinder aus der dortigen Gemeinde für die Unterbringung in der Waisenanstalt im Falle ihres Zustandekommens dzt. in Frage kämen. [3]

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[1] LI LA RE 1920/2757 ad 1062. Einlaufstempel der Regierung vom 17.6.1920. Reingeschrieben von Regierungskanzlist David Strub am 18.6.1920. Vom bischöflichen Landesvikar Johann Baptist Büchel am 20.6.1920 eingesehen. Weiteres Exemplar z.B. in LI GAV A 03/26/297.
[2] Vgl. hiezu das Schreiben des Balzner Pfarrers Peter Schmid an die Regierung vom 14.4.1920 (LI LA RE 1920/1749 ad 1062).
[3] Die Berichte der Gemeinden finden sich unter LI LA RE 1920/2858 ad 1062: Die Gemeinde Vaduz stellte einen Jahresbeitrag von 200 Franken in Aussicht. Triesen sah aus finanziellen Gründen von einer Beteiligung ab. Balzers war bereit, einen später von der Gemeinde zu bestimmenden Betrag zu leisten oder in einer anderen der Anstalt nützlichen Weise entgegenzukommen. Triesenberg sicherte eine alljährliche Unterstützung gleich den anderen Gemeinden zu. Schaan ersuchte die Regierung um genauere Angaben, wie hoch der Jahresbetrag für die Gemeinde zu stehen käme. Planken war nicht abgeneigt, der Anstalt einen jährlichen Betrag zu widmen, dies unter der Voraussetzung, dass sich dem alle Gemeinden des Landes anschlössen. Eschen war bereit, einen entsprechenden jährlichen Beitrag zu widmen, ebenso Gamprin. Mauren begrüsste zwar die Errichtung einer Waisenanstalt, wollte sich aber zu keiner Zahlung verpflichten. Ruggell wollte ebenso wenig eine jährliche Zahlungsverpflichtung eingehen, hielt aber fest: "Eine Unterstützung in dieser oder jener Form wird natürlich nicht abgesagt." Schellenberg schliesslich war bereit, "nach Verhältnis wie die anderen Gemeinden" einen Jahresbeitrag zu widmen. –  Vgl. auch die Berichte der Pfarrämter an die Regierung über die Anzahl der für eine Unterbringung in Gutenberg in Frage kommenden Kinder unter LI LA RE 1920/3383 ad 1062. – Vgl. in weiterer Folge das Niederlassungsgesuch der Schwestern vom Kostbaren Blut für Gutenberg vom 2.8.1920 (LI LA RE 1920/3448 ad 1062), dem die Regierung am 11.9.1920 entsprach (LI LA RE 1920/4100 ad 1062).