Maschinenschriftliche Verordnung, mit einer Korrektur, des Kirchenrates der Pfarrei Triesen, gez. Pfarrer Anton Frommelt, und des Gemeinderates der Gemeinde Triesen, gez. Ortsvorsteher Emil Risch, zuhanden der Regierung [1]
13.5.1925, Triesen
Kirchen-Ordnung
Einige herrschende Übelstände zu beseitigen, sieht sich der Kirchenrat im Einvernehmen mit dem Gemeinderat veranlasst, nachstehende kirchenpolizeiliche Verordnung [2] zu treffen:
1) Schulkinder & Fortbildungsschüler haben während des Gottesdienstes den ihnen zu Anfang des Schuljahres zugewiesenen Platz im Schiff der Kirche einzunehmen.
Jünglinge & Jungfrauen vom schulentlassenen Alter bis zur erlangten Grossjährigkeit, d.h. bis zum erfüllten 21ten Altersjahr, haben ihren Platz im Schiff der Kirche direkt anschliessend an die Fortbildungsschüler.
2) Verunreinigung der Kirche durch freies Ausspucken & andere schuldbare Unordnung sowie schuldhafte Störung beim Gottesdienst sind untersagt.
3) Das Stehen im Gang & das Verhindern des freien Ein- & Ausganges sowie der unbefugte Aufenthalt vor den Kirchtüren, solange Platz in der Kirche, ist strafbar. Gleicherweise strafbar ist der unbefugte Aufenthalt auf dem freien Platz vor der Kirche, auf dem Friedhof & auf der hinteren Friedhofstiege während der Zeit gottesdienstlicher Handlung.
4) Verfehlungen gegen obgenannte Punkte unterliegen einer Strafe von 2 fr. beim ersten Mal, 5 fr. bei Wiederholungsfällen. [3]
Die aus solchen Straffällen eingehobene Geldbusse fällt als freie Einnahme der Kirche zu.
5) Mit der Aufsicht & Handhabung obiger Anordnungen wird vom Gemeinderat im Einverständnis mit dem Kirchenrat ein Kirchenpolizei [Kirchenpolizist] betraut, der seines Amtes als Pflichtsache waltet & im Schiff der Kirche seinen bestimmten Platz einnimmt.
Für den Kirchenrat Für den Gemeinderat
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[1] LI LA RE 1925/2267. Stempel des Pfarramtes Triesen sowie der Gemeindevorstehung Triesen. Einlaufstempel der Regierung vom 30.5.1925. Maschinenschriftlicher Vermerk von Regierungschef Gustav Schädler vom selben Tag, wonach der Kirchenrat bzw. das Pfarramt Triesen zwei revidierte Entwürfe einer Kirchenordnung zur Genehmigung vorlegt. Mit Schreiben an das Pfarramt Triesen vom selben Tag wurde die Einsichtnahme durch die Regierung bestätigt.
[2] Zur Frage der Zuständigkeit für die Verordnungserlassung vgl. die Bemerkung der Regierung an die Gemeinde Eschen vom 15.11.1921, wonach es der Ortsvorstehung nach § 101 des Gemeindegesetzes vom 24.5.1864, LGBl. 1864 Nr. 4, unbenommen bleibe, im eigenen Wirkungsbereich Anordnungen von der Art der vorgelegten Kirchenpolizeiverordnung zu treffen (LI LA RE 1921/4975).
[3] Dass auf Grund von Kirchenpolizeiordnungen tatsächlich Bussen ausgesprochen wurden, zeigen LI LA RE 1920/2763, LI LA J 005/J 306/174 und LI LA J 005/J 307/121.