Der Landesausschuss ersucht die Regierung dringend, beim Schweizer Bundesrat für das Schmalspurbahnprojekt Landquart-Ragaz-Schaan vorstellig zu werden


Maschinenschriftliche Resolution des Landesausschusses, gez. Albert Schädler, Lorenz Kind und Franz Schlegel, an die Regierung [1]

12.7.1907, Vaduz

Der unterzeichnete Landesausschuss beehrt sich, der Hohen f. Regierung nachfolgende, in der heutigen Sitzung beschlossene Resolution zur geneigten Kenntnisnahme und Berücksichtigung vorzulegen.

Schon lange beschäftigt das Eisenbahnprojekt Landquart-Ragaz-Schaan die Öffentlichkeit. Unser Land hat ein vitales Interesse an dem Zustandekommen des Projektes, da auf diesem Wege ermöglicht würde, aus der Abschliessung herauszutreten und den Verkehr zu verbessern, ein Fortschritt, der das Gemeindewohl sehr wesentlich fördern würde. Die jüngsten Vorkommnisse in Bern [2] und die in der Presse entstandenen Gegenströmungen lassen erkennen, dass an einzelnen einflussreichen Stellen das Projekt irriger Weise Zusammenhang mit der Ostalpenbahnfrage [3] gebracht wird und dass man hinter dem Bestreben Liechtensteins, eine Lokalbahn zu erhalten, eine Aktion der österreichischen Staatsbahnen vermutet. Mit dieser völlig unrichtigen Vermutung verbindet sich auch die Befürchtung, die projektierte Schmalspurbahn werde in Bälde in eine Normalbahn umgewandelt werden und somit der schweizerischen Bundesbahn grosse Konkurrenz machen.

Von dem Pflichtgefühl geleitet, die Interessen unseres Landes zu wahren, beschliesst daher der Landesausschuss, die f. Regierung dringend zu ersuchen, bei der schweizerischen Regierung so bald als möglich in geeigneter Weise vorstellig zu werden, den wirklichen Sachverhalt klarzulegen u. die geäusserten irrigen Vermutungen und Befürchtungen zu widerlegen, wobei insbesonders auch darauf hinzuweisen wäre, dass gerade die Erstellung der schweizerischen Schmalspurbahn die wirksamste Garantie für die schweizerischen Bundesbahnen wäre, dass keine Normalbahn zustande kommt, weil die Konzession ja ausdrücklich nur für eine Schmalspurbahn verlangt wird. Liechtenstein strebt nur an, eine Bahnverbindung zwischen den einzelnen Ortschaften und mit den benachbarten schweizerischen Gemeinden zu erhalten.

Zugleich wird die f. Regierung gebeten, die nötigen Schritte zu tun, dass von Seite der österreichischen Gesandtschaft in Bern die für unser Land so ausserordentlich wichtige Frage weiter unterstützt und gefördert werde.

Endlich benützt der Landesausschuss den heutigen Anlass, um der Hohen Regierung für die in der Eisenbahnfrage bereits getanen Schritte u. für die diesbezügliche Vermittlung bei Seiner Durchlaucht dem Landesfürsten [Johann II.] den ergebensten Dank auszusprechen und verbindet damit die Bitte, die Hohe Regierung wolle trotz der eingetretenen Hindernisse Alles aufbieten, um die wichtige Landesfrage zu einem gedeihlichen Ziele zu führen. [4]

______________

[1] LI LA SF 02/1907/1266 ad 0327. Eingangsstempel der Regierung vom 14.7.1907. – Vgl. L.Vo., Nr. 49, 8.12.1905, S. 1-2 („Die Stellung der Bundesbahnen zum Schmalspurbahnprojekt Landquart-Ragaz-Vaduz-Schaan“), Nr. 4, 26.1.1906, S. 1 („Das Fürstentum Liechtenstein und die rätischen Bahnen“) und Nr. 22, 31.5.1907, S. 1-2 („Eisenbahnprojekt Landquart-Maienfeld-Ragaz-Schaan“).
[2] Sektionschef Johann von Michalovich vom k.u.k. Aussenministerium teilte der fürstlichen Hofkanzlei mit Schreiben vom 25.6.1907 mit, dass die Botschaft des Schweizer Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Konzessionierung einer elektrischen Schmalspurbahn für das schweizerische Teilstück der Strecke Landquart-Schaan vom 16.4.1907 mit der Motivierung zurückgezogen worden war, dass sich die Notwendigkeit von Ergänzungen ergeben habe (LI LA SF 02/1907/1137 ad 0327).
[3] Vgl. dazu etwa: Dr. Vetsch: Die Ostschweizerische Alpenbahnfrage in st. gallischer Beleuchtung, St. Gallen 1907. 
[4] Vgl. in weiterer Folge das Schreiben von Landesverweser Karl von In der Maur an die fürstliche Hofkanzlei vom 14.7.1907, worin um die Intervention der k.u.k. Gesandtschaft in Bern in der Konzessionsfrage ersucht wurde (LI LA SF 02/1907/1266 ad 0327).