Oswald A. Schlegel und Dr. Martin Ritter reichen bei der Regierung ein Konzessionsgesuch zur Errichtung der „privilegierten liechtensteinischen Landesbank“ ein


Maschinenschriftliches Gesuch von Oswald A. Schlegel und Martin Ritter an die liechtensteinische Regierung in Vaduz,  gez. von den Antragstellern[1]

23.1.1920, Zürich

An die Regierung des Fürstentums Liechtenstein Vaduz

In Folge der Entwertung der in Liechtenstein geltenden österreichischen Währung, hat sich die wirtschaftliche Lage des Fürstentums überaus schwierig gestaltet und ist eine Katastrophe, welche die politische und wirtschaftliche Existenz des Landes vollkommen untergräbt, wenn nicht vernichtet, unausbleiblich, insofern nicht Mittel und Wege gefunden werden, um in letzter Stunde diese Gefahr zu beseitigen.

Aus den Ausführungen des Prinzen Eduard Liechtenstein am 18. dieses Monates in Schaan war zu ersehen, dass Sr. Durchlaucht, der Landesfürst [Johann II.] nicht in der Lage ist, ausser der Bezahlung der Lebensmittelschuld an die Schweiz, dem Lande weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Infolgedessen müssen andere Wege beschritten werden, um die wirtschaftliche Existenz des Landes zu sichern. Das kann nur dadurch erreicht werden, dass die Regulierung der Valuta baldigst und unter, für das Land möglichst günstigen Bedingungen durchgeführt wird. Nur durch Herbeiziehung auswärtiger und vollwertiger Kapitalien kann dies erfolgen und diesen Kapitalien muss Gelegenheit geboten werden, sich mit dem Lande unter Gewährung gewisser Garantien zu betätigen. Dies kann wiederum nur erreicht werden durch die Gründung eines Bankinstitutes, welches durch die ihm zu erteilenden Privilegien in die Lage versetzt wird die Interessen des Landes, sowie seine eigenen Interessen zu fördern, d.h. ein Bankinstitut, das sich auf solide wirtschaftliche Grundlagen aufbaut und das Vertrauen der Bevölkerung des Landes verdient. Zur Regulierung der Valuta wird notwendig sein sich eine entsprechende Golddeckung zu verschaffen, um die Convertirung der Zahlungsmittel im Rahmen der Rechte einer Notenbank durchführen zu können.

Herrn Dr. Martin Ritter, welcher dieses Dokument mitunterzeichnet, ist es gelungen ein Finanz-Konsortium mit den erforderlichen Kapitalien zusammenzubringen, welches entweder allein oder in Verbindung mit liechtensteinischen Interessenten in der Lage ist, die beabsichtigte Bankgründung hinreichend zu finanzieren.

Zu diesem Zwecke stellen die Unterzeichneten: Dr. Martin Ritter, Rechtsanwalt aus Mauren, und Oswald A. Schlegel aus Zürich den Antrag, die Konzession zur Errichtung einer Aktiengesellschaft mit dem Titel:

„privilegirte liechtenstein’sche Landesbank“

mit dem Sitze in Vaduz und Zweigniederlassung in Zürich zu erhalten. Das Kapital dieser Aktiengesellschaft soll 50 Millionen österreichische Kronen betragen, wovon 33 ⅓ % voll einbezahlt werden müssen. Der Bank wären folgende Berechtigungen zu gewähren:

a. Bank- und Börsengeschäfte zu betreiben;

b. Wechsel und andere Forderungen zu discontiren;

c. Darlehen, Vorschüsse und Kredite auf Wertpapiere jeder Art auf Waren, Rohprodukte und andere bewegliche Unterpfänder zu geben;

d. Wertpapiere und andere Gegenstände in Verwahrung zu nehmen;

e. Einrichtungen für den Giro- und Überweisungsverkehr zu treffen, Geldbeträge in laufende Rechnung zu übernehmen, darüber durch Cheques verfügen zu lassen oder dafür auf Überbringer lautende, verzinsliche Scheine oder Einlagebücher, welche auf Überbringer oder auf Namen lauten und in letzterem Falle auf den Überbringer zahlbar sein können, auszugeben. Die verzinslichen Scheine dürfen nicht unter K. 100.- ausgestellt werden; gleicher Art hat die erstmalige Einlage in den Einlagebüchern mindestens den Betrag von 100 Kronen zu erreichen; die Formularien der auszugebenden Scheine oder Einlagebücher sind der Staatsverwaltung zur Genehmigung vorzulegen; der Betrag der im Inlande gegen Kassenscheine und gegen Einlagebücher übernommenen Gelder ist allmonatlich zu veröffentlichen;

f. Wertpapiere jeder Art zu erwerben und wieder zu veräussern;

g. das Promessen- und Ratenbriefgeschäft zu betreiben;

h. Versicherungen gegen Kursverlust bei verlosbaren Wertpapieren im Falle der Verlosung vorzunehmen;

i. Waren und Rohprodukte zu kaufen und zu verkaufen;

k. industrielle, landwirtschaftliche und montanistische Unternehmungen zu betreiben;

l. Bauten zu unternehmen;

m. Konzessionen für Eisenbahnen oder anderen Verkehrsanstalten zu erwerben;

n. öffentliche Lagerhäuser (Warenhäuser und Freilager) zu errichten, gegen die eingelagerten Waren warrants auszugeben und Wäge- und Messanstalten zu errichten;

o. öffentliche und Privat-Anleihen zu übernehmen oder zu vermitteln;

p. Emissionen von Staatsloterien und Losen zu machen;

q. Emission von Pfandbriefen zu tätigen;

r. Ausbau der Wasserkräfte im Rahmen der Landesinteressen vorzunehmen;

s. Errichtung einer liechtenstein’schen Lebens- Renten- Feuerversicherungsanstalt;

t. das Vorrecht, innerhalb der Konzessionsdauer des Privilegiums weitere Konzessionen zur Ausführung von Unternehmungen vor anderen Bewerbern zu sonst gleichen Bedingungen zu erhalten.

u. Die Konzession ist auf die Dauer von 99 Jahren zu erteilen und werden eigene Bankstatuten geschaffen, welche die Rechte und Pflichten stipuliren und der staatlichen Genehmigung unterliegen. Die Regierung soll berechtigt sein die Konzession zurückzuziehen, wenn die Majorität des Aktienkapitales in jüdische Hände übergeht.

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[1]LI LA RE 1920/433 ad 505. Die Regierung erklärte sich "im Prinzip bereit", die nachgesuchte Konzession zu erteilen. Angesichts des Umfangs der angesuchten Bankkonzession müsse sie dem Landtag nach Vorlage der Statuten eine Gesetzesvorlage unterbreiten, um die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Regierung an Martin Ritter am 26.1.1920 LI RE 1920/433 ad 505.