Handschriftliches Schreiben der Gebrüder Rosenthal AG, gez. Josef Sallmann, an die Regierung [1]
30.9.1909, Mühleholz (Vaduz)
Laut behördlichen Auftrages vom 28/5 09 [2] wegen der im Interesse des Arbeiterschutzes zu treffenden Vorkehrungen theilen wir folgendes mit, und zwar zu Punkt
I.a. Die Aussenfenster der Websäle sind zum Öffnen einzurichten. – Zum grössten Theile schon erledigt und der Rest baldigst.
I.b. Die Ventilation des Dampfmaschinenhauses ist zu verbessern. – Ist durch ständiges Öffnen eines früher schon angebrachten Fensters erledigt.
I.c. Die Thüren des Kesselhauses sowie der Arbeitsräume sollen nach Aussen aufschlagen. – Soweit als nicht grössere Umbauten dadurch nothwendig waren, ist sofort entsprochen worden, die letzten sind noch in Arbeit.
I.d. Der Heizer ist der Prüfung zu unterziehen. Der Arbeitsinspektor ist Kesselinspektor ist zur Vornahme der Prüfung verständigt.
I.e. Den Arbeitern ist gesundes Trinkwasser beizustellen. Ist mit der Gemeinde Schaan angebahnt, wann es erledigt wird, ist unbekannt.
I.f. Für erste Hilfeleistung sind entsprechende Verbandstoffe ect. Ist schon längere Zeit eine Hausapotheke bestellt.
I.g. Bei der Kreissäge ist ein Spaltkeil anzubringen. Ist erledigt.
Punkt II., Bemerkungen zur Arbeitsordnung, [3] und Punkt III., Bemerkungen zum Krankenkassenstatut, [4] lassen sich momentan nicht erledigen, da die dafür nöthige Grundlage, das neue Gewerbegesetz, [5] noch nicht vorhanden ist. [6]
Mit vorzüglicher Hochachtung
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[1] LI LA RE 1909/1637 ad 0545.
[2] Mit Erlass von Landesverweser Karl von In der Maur vom 28.5.1909 war die „Fabriksinhabung“ der Gebrüder Rosenthal AG im Mühleholz der Bericht des k.k. Gewerbeinspektors Hubert Stipperger über das Ergebnis der letzten gewerblichen Inspektion mit der Aufforderung übermittelt worden, die darin „vorgeschlagenen Vorkehrungen nach Tunlichkeit ehestens zu treffen und über den Vollzug oder die etwa entgegenstehenden Hindernisse binnen 3 Monaten Punkt für Punkt zu berichten“ (LI LA RE 1909/0545). Vgl. hiezu den Bericht Stippergers vom 20.3.1909 über die Inspektion der liechtensteinischen Textilfabriken im Allgemeinen (LI LA RE 1909/0545 (Aktenzeichen des k.k. Gewerbeinspektorates für Vorarlberg: 65)) bzw. den Bericht über die Baumwollweberei im Mühleholz im Speziellen (LI LA RE 1909/ad 0545).
[3] Ein Exemplar der von der Regierung am 30.11.1884 genehmigten Fabriksordnung findet sich unter LI LA RE 1886/0120.
[4] Nicht aufgefunden, vgl. jedoch LI LA RE 1870/0515.
[5] Vgl. die Gewerbeordnung vom 16.10.1865, LGBl. 1865 Nr. 9, bzw. das Gesetz vom 30.4.1910 betreffend Erlassung einer neuen Gewerbeordnung, LGBl. 1910 Nr. 3. Vgl. auch das Referat von Stipperger vom 19.06.1910 über die neue liechtensteinische Gewerbeordnung (LI LA RE 1910/1196 ad 0873).
[6] K.k. Gewerbeinspektor Stipperger, an den das Schreiben der Fabriksleitung am 2.10.1909 weitergeleitet wurde, antwortete der liechtensteinischen Regierung am 6.10., dass er die Durchführung der verlangten „Herstellungen“ kontrollieren werde. Zur Abänderung der Arbeitsordnung und des Krankenkassenstatutes nahm er jedoch keine Stellung, da ihm nicht bekannt war, ob die Regierung dem Unternehmen diesbezüglich einen strikten Auftrag unter Terminsetzung erteilt oder die Abänderungen nur als wünschenswert bezeichnet hatte. Die Angelegenheit wurde von Landesverweser In der Maur am 16.10.1909 ad acta gelegt (LI LA RE 1909/1637 ad 0545 revers).