Der Landtag beauftragt die Regierung, um Aufnahme in den Völkerbund zu ersuchen


Handschriftliches Protokoll der Landtagssitzung, gez. Schriftführer Johann Wohlwend und Wilhelm Beck [1]

28.8.1919

Abg. Kanonikus [Johann Baptist] Büchel beantragt nun eine Resolution, worin sich der Landtag den Ausführungen des Prinzen Eduard über die aussenpolitischen Ziele des Fürstentums anschliesst [2] und die Regierung einlädt, eine neuerliche Note nach Paris zu senden, in welcher die Anerkennung der Neutralität des Landes verlangt und der Anschluss an den Völkerbund gewünscht wird. [3]

Abg. [Johann] Wanger unterstützt den Antrag des Herrn Kanonikus.

Der Gesandte Prinz Eduard erklärt, er sei dem Herrn Kanonikus sehr dankbar für den Antrag. Er habe am 20. Mai dieses Jahres schon eine Note an die Entente gerichtet, [4] diese habe insoweit einen Erfolg gehabt, dass im österreichischen Friedensvertrag [5] die Grenze Österreichs gegen Liechtenstein anerkannt worden sei. Im August 1916 sei die Neutralität Liechtensteins von Frankreich in kommerzieller Hinsicht bestritten worden. [6] Wie er gehört habe, sei [Georges] Clemenceau gewillt, die Selbständigkeit des Landes anzuerkennen. Luxemburg und Monako seien bis jetzt auch noch nicht zum Völkerbunde zugelassen worden. Die Unselbständigkeit des Landes hätte auch drohende Folgen für den fürstlichen Besitz in Böhmen. Wir müssen uns die Völkerbundstaaten zu Freunden machen, damit wir ihren Schutz geniessen, besonders auch bei der Geldforderung an Altösterreich. Es sei gut, wenn der Landtag die Aussenpolitik des Landes bestätige.

Die von Herrn Kanonikus Büchel beantragte Revision lautet formuliert wie folgt:

"Der Landtag schliesst sich den Ausführungen des Wiener Gesandten über die ausserpolitischen Ziele des Fürstentums an und lädt die Regierung ein, eine neuerliche Note an die Friedenskonferenz zu richten, in welcher die Anerkennung der Neutralität des Fürstentumes verlangt und das Ansuchen gestellt wird, zum Völkerbunde eingeladen zu werden."

Über diese Resolution wird hierauf abgestimmt und dieselbe einstimmig angenommen.

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[1] LI LA LTA 1919/S04.
[2] Prinz Eduard hatte zuvor in einer ausführlichen Rede den Gesetzesentwurf betreffend die Stellung der Agnaten begründet (Gesetz vom 1.9.1919, mit dem in Bezug auf die Agnaten des im Fürstentume Liechtenstein herrschenden Fürstenhauses einzelne Bestimmungen des Gemeindegesetzes vom 24.5.1864, LGBl. 1864 Nr. 4, authentisch erklärt und ergänzt werden, LGBl. 1919 Nr. 10). Er argumentierte, dieses Gesetzes sei nötig, um die Souveränität des Fürstentums und des Fürstenhauses zu demonstrieren, und trat für eine selbständigere Aussenpolitik ein.
[3] Prinz Eduard verfasste im September 1919 ein umfangreiches Memorandum zuhanden der Pariser Friedenskonferenz (LI LA RE 1919/4654 ad 589).
[4] LI LA RE 1919/ad 589, Memorandum der Regierung an die Pariser Friedenskonferenz, 20.5.1919.
[5] Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10.9.1919, öst. StGBl. 1920 Nr. 303.
[6] Vgl. LI LA SF 13/1916/0961 ad 31, Note der französischen Botschaft an den Schweizer Bundesrat Arthur Hofmann, 16.2.1916.