Schreiben der Kabinettskanzlei, gez. Josef Martin, an Landesverweser Prinz Karl [1]
10.6.1920, Wien
Eure Durchlaucht!
Im Höchsten Auftrage beehre ich mich, Euer Durchlaucht auf Bericht vom 1. Juni [2] an Seine Durchlaucht den regierenden Fürsten [Johann II.], wie folgt, zu melden.
Seine Durchlaucht der regierende Fürst geruhten die von Euer Durchlaucht aus Gesundheitsrücksichten erbetene Beurlaubung ab 15. Juni [3] l.J. gnädigst zu bewilligen.
Die Regierungsgeschäfte hat während der Beurlaubung Euer Durchlaucht bis auf Weiteres im Sinne des § 15 der Amtsinstruktion [4] der aus diesem Grunde vorläufig von diesem seinen Posten noch nicht zu enthebende Regierungssekretär Herr Josef Ospelt zu besorgen.
Die für Herrn Regierungssekretär Ospelt gewünschte Vollmacht als Regierungskommissär im Landtage wurde Euer Durchlaucht bereits am 8. d.M. unterbreitet. [5]
Der Vorstand der Kabinettskanzlei:
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[1] LI LA SF 01/1920/093. Präs. Nr. 424. Der Vorgang wurde in Vaduz am 25.4.1920 „vorläufig ad acta" gelegt. Vgl. die - vorerst nicht wirksam gewordene - Betrauung von Josef Peer mit den Funktionen eines Landesverwesers vom 18.5.1920 (LI LA SF 01/1920/214 (III)).
[2] Nicht aufgefunden.
[3] Mit Bleistift korrigiert: „15. Juli".
[4] Gemäss § 15 der Amtsinstruktion hatte in Abwesenheit oder Erkrankung des Landesverwesers der Sekretär die Leitung der Regierungsgeschäfte zu besorgen (Fürstliche Verordnung vom 14.5.1915 betreffend die Abänderung des § 15 und die Ergänzung des § 18 der Amtsinstruktion für die Landesbehörden des Fürstentums Liechtenstein, LGBl. 1915 Nr. 7).
[5] Schreiben der Kabinettskanzlei an Landesverweser Prinz Karl vom 8.6.1920 (LI LA SF 01/1920/092). In der öffentlichen Landtagssitzung vom 21.8.1920 fungierte zunächst Landesverweser Prinz Karl und dann Josef Ospelt als fürstlicher Regierungskommissär (LI LA LTA 1920/S04).