Landesverweser Prinz Karl ersucht Fürst Johann II. um die prinzipielle Zustimmung zum Landtagsbeschluss vom 16.4.1919 betreffend die Abänderung des Landtagswahlrechts


Maschinenschriftliches Schreiben von Landesverweser Prinz Karl an Fürst Johann II. via liechtensteinische Gesandtschaft in Wien [1]

12.5.1919

Euere Durchlaucht!

Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 16. v. M. [2] den Beschluss gefasst, dass bei den künftigen Landtagswahlen das Oberland 8 und das Unterland 5 Abgeordnete ohne Verhältniswahl nach dem bisherigen Wahlrechte wählen sollen und unter der Voraussetzung des Einverständnisses

Euerer Durchlaucht

vom Landesfürsten nur mehr 2 Abgeordnete über kollegialen Vorschlag der Regierung ernannt werden. [3]

Hierauf gestatte ich mir im Nachhange zu meinem Berichte vom 25. v. M. ZI. 2023 [4] ehrfurchtvollst den Antrag zu unterbreiten,

Euere Durchlaucht

geruhen, diesem Beschlusse die prinzipielle Zustimmung zu erteilen.

Euerer Durchlaucht [5] 

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[1] LI LA V 003/0843. Eingangsstempel der liechtensteinischen Gesandtschaft in Wien vom 16.5.1919. Nr. 20/2.
[2] Vgl. das Protokoll der Landtagssitzung vom 16.4.1919 (LI LA LTA 1919/S04).
[3] Nach den §§ 55 und 63 der Verfassung vom 26. September 1862 idF der §§ 1 und 9 des Gesetzes vom 21. Januar 1918 betreffend die Abänderung der Landtagswahlordnung, LGBl. 1918 Nr. 4, zählte der Landtag 15 Mitglieder. 3 der Abgeordneten wurden vom Fürsten ernannt. Das Oberland wählte 7 Abgeordnete, das Unterland 5. Es galt das Majorzwahlrecht; das 1939 eingeführte Proporzwahlrecht kam erstmals bei den Landtagswahlen vom 29. April 1945 zur Anwendung. 
[4] Es handelt sich um das Dokument mit der Signatur LI LA RE 1919/2023 ad 71. Ein weiteres Exemplar befindet sich in der Akte mit der Signatur LI LA V 003/0843.
[5] Der Dorsalvermerk nimmt Bezug auf den Bericht des Landesverwesers Prinz Karl vom 12.5.1919 „betreffend Verschiebung des Verhältnisses zwischen den zu ernennenden und zu wählenden Landtagsabgeordneten" (LI LA RE 1919/2230 ad 71). Zur Haltung von Prinz Eduard in dieser Angelegenheit vgl. dessen Schreiben an den Fürsten vom 7.6.1919 (LI LA V 003/0843). Mit Schreiben vom 10.6.1919 teilte Prinz Eduard der Regierung die Auffassung des Fürsten mit, dass über diese Frage erst anlässlich der Entscheidung über die im Zuge befindliche Verfassungsrevision, die nur als ein Ganzes erfolgen könne, ein Entschluss zu fassen sein werde ((LI LA RE 1919/2874 ad 71 und LI LA V 003/0843).