Verleihung des ius de non evocando durch König Wenzel


Prag, 16. Oktober 1379 

König Wenzelgibt dem Grafen Heinrich von Werdenberg-Sargans-Vaduz die Freiheit, dass weder er noch seine Leute oder alle anderen Leute, die seine Grafschaft bewohnen oder die er noch gewinnen wird, vor das königliche Hofgericht, das Landgericht zu Rottweil oder vor irgend ein anderes Landgericht oder Gericht gefordert werden können. Er gibt dem Grafen die Freiheit, in seinen Städten und Schlössern Geächtete aufzunehmen.[1]

Übersetzung

Wir Wenzel von Gottes Gnaden Römischer König, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs und König von Böhmen, bekennen und tun kund öffentlich mit dieser Urkunde allen denen, die sie sehen und lesen hören, dass wir angesehen haben die ständigen und nützlichen Dienste, die uns und dem Reiche der edle Heinrich, Graf zu Werdenberg und von Sargans unser und unseres Reiches lieber Getreuer oft, gern und mit Nutzen geleistet hat und noch tun soll und mag in künftigen Zeiten. Und wir haben darum ihn und seine Erben mit wohlüberlegtem Sinn mit Rat unserer und des Reichs Fürsten und Getreuer gefreit und begnadigt, wir freien und begnaden ihn auch kraft dieser Urkunde so, dass weder ihn, seine Erben noch seine Leute noch auch alle andern Leute, die in seiner Grafschaft und Herrschaft wohnhaft und gesessen sind, sie seien seine Dienstleute oder nicht, Frauen oder Männer, die er jetzt hat oder noch gewinnt, es seien Eigen- oder Vögtleute, Lehen- oder Pfandleute, niemand in Zukunft ewiglich, wer er sei und welchen Standes und welcher Würde er auch sei, den genannten Heinrich und seine Leute, wie oben geschrieben steht, mit einander oder einzeln auftreiben, fordern, ansprechen, klagen, belästigen, verurteilen oder ächten sollen oder können vor unserem königlichen Hofgericht oder dem Landgericht zu Rottweil oder vor irgendwelchen anderen Landgerichten oder Gerichten, wo die liegen und wie die heissen mögen. Insbesondere wer an den genannten Heinrich, wer er auch ist, Ansprüche, Klagen oder Forderungen hat oder noch bekommt, der soll das tun vor uns oder unserem Rate oder vor unserem lieben Oheim Herzog Leopold von Österreich oder seinem Rate, wo es ihm denn am besten passt. Wer aber an die genannten seine Leute, einen oder mehr Ansprüche oder Klagen hat, wie oben geschrieben steht, der soll das tun vor dem genannten Heinrich oder seinem Richter, wo denn dieselben Leute gesessen sind und Recht von ihm nehmen und nirgendwo anders, ausser dass dem Kläger oder der Klägerin offensichtlich und öffentlich das Recht versagt würde von dem genannten Heinrich oder seinem Richter. Aus besonderer Gnade wollen wir auch, dass die genannten Heinrich und seine Erben mögen öffentlich Geächtete in Haus und Hof aufnehmen und alle Gemeinschaft mit ihnen haben. Falls also jemand einen oder zwei, viel oder wenig von diesen Geächteten in ihren Städten und Schlössern anfällt, dem soll man unverzüglich Recht gewähren nach der Gewohnheit des Landes, aber so oft sie in solche Städte und Schlösser kommen und wieder fort, und sie niemand vor Gericht fordert, das soll dem genannten Heinrich und seinen Erben keinen Schaden bringen wegen der Gemeinschaft. Und darum gebieten wir allen Fürsten, geistlichen und weltlichen, Grafen, Freiherren, Dienstleuten, Rittern, Kriegsknechten, Städten, Gemeinden, dem Landrichter zu Rottweil und allen andern Landrichtern und Richtern und denen, die bei den Landgerichten und Gerichten im Gerichtshof sitzen und Urteil sprechen, die jetzt sind und in Zukunft sein werden, unseren und des Reiches lieben Getreuen ernstlich und ausdrücklich, bei unserer und des Reiches Gnade, dass sie in Zukunft ewiglich, den obgenannten Heinrich, seine Erben noch die Seinen, wie vorgeschrieben steht, nicht vor das genannte Landgericht oder andere Gerichte heischen, laden, fordern, auftreiben oder keinerlei Urteil über Leib und Gut sprechen oder in die Acht tun sollen noch mögen in keiner Weise. Und so das geschieht gegen diese obgenannte unsere Gnade und Freiheiten, die in dieser unseren Urkunde stehen, so nehmen wir und machen ungültig mit klarer Erkenntnis und in königlicher Machtvollkommenheit alle solchen Ladungen, Anrufe, Forderungen, Ansprachen, Urteile und die Ächtung und entscheiden, erläutern, klären und sprechen, dass sie miteinander und im besonderen alle kraftlos und untauglich sein sollen, und schaffen sie ab und vernichten sie ganz und gar in allem Umfang, Zielen und Punkten, wie sie vorkommen, gegeben, gesprochen und als Urteil gefällt werden oder wurden. Und wenn jemand, wer der ist, der wider diese obgenannte unsere Begnadung und Freiheit freventlich handelte, der und die sollen in unsere und des Reiches Ungnade und eine rechte Strafe von fünfzig Mark lötiges Gold verfallen sein, die halb in unser und des Reichs Kammer und halb dem oftgenannten Heinrich und seinen Erben, die so betroffen sind, ganz und ohne Minderung sollen zufallen. Mit Zeugnis dieser Urkunde gesiegelt mit dem Siegel unserer königlichen Majestät. Gegeben zu Prag, nach Christi Geburt dreizehnhundert Jahre und danach im neunundsiebenzigsten Jahre an St.Gallentag unserer Reiche des böhmischen im siebzehnten und des römischen im vierten Jahre.

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[1] LUB I/5, Nr. 467, S. 624-628. Original im Fürst Thum und Taxis Zentralarchiv Regensburg. Bearbeitung Benedikt Bilgeri.