Das Liechtensteiner Volksblatt berichtet, dass ein Begnadigungsgesuch der in der Schweiz zum Tode verurteilten Alfred Quaderer, Kurt Roos und des flüchtigen Willy Kranz kaum Erfolgsaussichten hat


Zeitungsbericht, nicht gez. [1]

4.5.1944

Verräter bitten um Gnade

In Bern tritt am 24. Mai die Begnadigungskommission der Bundesversammlung zusammen, um die Anträge über die hängigen Begnadigungsgesuche zu bereinigen. Mit Datum vom 18. März hat, wie erinnerlich, das Territorialgericht 3 B eine Spionageorganisation abgeurteilt und dabei ausser hohen Zuchthausstrafen auch drei Todesurteile gefällt, nämlich gegen Alfred Hermann Quaderer, von Schaan (Liechtenstein), Kurt Johann Roos, von Hasle (Luzern), und Willy Kranz, von Eschen (Liechtenstein). Während Quaderer innert der vorgeschriebenen dreitägigen Frist Kassationsbeschwerde einreichte, entschloss sich Roos zu einem Begnadigungsgesuch an die Bundesversammlung, welchen Schritt Quaderer für den Fall der Ablehnung der Kassationsbeschwerde ebenfalls unternommen hat. Nach den bisherigen Erfahrungen mit zum Tode verurteilten Staatsfeinden könnte es der Öffentlichkeit verwunderlich erscheinen, dass der ebenfalls mit der Todesstrafe bedachte Willy Kranz weder Kassationsbeschwerde noch Begnadigungsgesuch anmeldete. Die Erklärung dürfte indessen in der Tatsache liegen, dass dieser Verräter in Landesabwesenheit verurteilt wurde u. deshalb, wenigstens vorläufig, den Vollzug der Strafe nicht zu befürchten braucht.

Was den mutmasslichen Entscheid der Begnadigungskommission und des parlamentarischen Plenums über die beiden Begnadigungsgesuche Quaderer und Roos betrifft, so sind hierüber kaum Zweifel möglich. Im Vergleich zu früher ausgesprochenen Todesurteilen kann höchstens erwähnt werden, dass Quaderer liechtensteinischer Staatsbürger ist und somit als Ausländer nicht sein eigenes Land verraten hat. Dies als mildernden Umstand walten zu lassen, wird jedoch gerade in der Heimat Quaderers abgelehnt. Die Presse des Fürstentums Liechtenstein hat sich im Anschluss an die Verurteilung der Liechtensteiner Quaderer, Kranz und Vogt mit aller Schärfe gegen die verräterischen Landsleute ausgesprochen und ihre Verurteilung begrüsst, wobei sie auf das besonders enge Vertrauensverhältnis der beiden Staaten hinwies. Wenn also Quaderer als erster Ausländer wegen Vergehens gegen den Staatsschutz hingerichtet wird, so ist dies nicht nur juristisch korrekt — auch ausländische Gerichte beurteilen straffällige Ausländer nicht milder als die eigenen Staatsangehörigen —, sondern lässt sich auch vom Standpunkt der auswärtigen Beziehungen durchaus vertreten. In Erwägung aller dieser Momente wird die Bundesversammlung aller Voraussicht nach bei der Beurteilung der Gnadengesuche Quaderer und Roos zum selben Ergebnis gelangen wie bei den früheren Gesuchen von zum Tode verurteilten Feinden unserer staatlichen Sicherheit.

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[1] L.Vo. 4.5.1944, S. 2. Der Bericht wurde von einer Schweizer Zeitung oder einer Schweizer Depeschenagentur übernommen.