Protokoll, gez. Gustav Biedermann [1]
26.1.1939
Verhandlungsschrift
über die am 26. Jänner 1939 abgehaltene Versammlung im Gasthaus zur Traube in Schaan. [2]
Der Vorsitzende Herr Konrad Emanuel eröffnet die gut besuchte Versammlung, begrüsst besonders die aus den Gemeinden Vaduz, Planken, Triesenberg, Ruggell und Schellenberg erschienenen Vertreter und gab einen kurzen Bericht über die Ursachen, die zur Bildung eines Komitees führten und deren Zweck.
Er ermahnte zum Einsatz aller Heimattreuen Kräfte zum Abwehrkampf gegen Umtriebe, die das Ansehen und den Bestand unseres kleinen aber schönen Vaterlandes gefährden könnten.
Das Protokoll der Versammlung vom 24. Jänner wurde zur Verlesung gebracht und genehmigt. [3]
Herr [Emil] Walch erstattete aufklärenden Bericht über die mit der fürstl. Regierung stattgefundenen Besprechungen und die Zusagen der Regierung. Eine weitere beabsichtigte Besprechung kam wegen Erkrankung des Herrn Regierungs-Chef [Josef Hoop] nicht zustande. Die Herren: Ospelt Gustav, Walch, Gassner Hans, Wachter St., Hilty Lorenz und [Christoph] Frommelt führten zusammenschliessend aus, dass die zuwartende Haltung der Regierung im Volke nicht verstanden und nicht gebilligt werden könne und wenn auch diplomatische Erwägungen für eine zuwartende Haltung bestimmend sein mögen, so sei anderseits die grosse Gefahr nicht zu übersehen, die unserer Selbständigkeit drohe durch die fortwährenden Provokationen gewisser Elemente, denen endlich Einhalt geboten werden müsse.
Man vertrat allgemein die Ansicht, dass die Regierung das Gesetz vom schweizerischen Bundesrat einfach übernehmen müsse, das die Propaganda für ausländ. Parteien und das Tragen von Parteiuniformen, Parteiabzeichen etz. unter Strafe stellt. [4] Die Staatsexekutive hätte dann die Möglichkeit, bei Staatsschädlichen Umtrieben einzuschreiten und die Schuldigen exemplarisch zu strafen. Wenn diese Abwehrmassnahmen von der Schweiz aber nicht übernommen würden, dass müsse ein eigenes Staatsschutzgesetz geschaffen werden.
Herr Alt Reg. Rat [Alois] Schädler beantragt, dass ein zu wählendes Komitee einen Gesetzentwurf ausarbeiten soll, welcher jede Parteibildung und Betätigung unter Strafe stelle, die dem monarchistischen Staate Liechtenstein die Selbständigkeit oder das Ansehen schmälern könnten. Damit soll nicht nur die Gründung Staatsfeindlicher Parteien, sondern auch jede Unterminierung unserer Selbständigkeit verunmöglicht werden und der Regierung Handhabe gegeben werden, energisch vorzugehen. Im Landtage soll der Entwurf zur Begutachtung vorgelegt und dann dem Volke zur Abstimmung unterbreitet werden. Dadurch würde auch nach aussen hin der Selbständigkeitswille des Liechtensteiner Volkes dokumentiert. 400 Stimmen würden leicht aufgebracht. [5] Verschiedene Herren vertraten die Ansicht, dass der Landtag nicht mehr eintreten werde auf ein solches Gesetz und die Herren Abg. [Philipp] Elkuch und [Franz Xaver] Hoop gaben der Meinung Ausdruck, dass über dieses Gesetz wohl erst der neue Landtag entscheiden dürfte, aber es sei die Möglichkeit vorhanden, dass der Landtag noch einige Zeit bleiben müsse.
Die Abstimmung ergab die einstimmige Annahme des Antrages von Herrn Alt Reg. Rat Schädler und es wurden in die Kommission zur Vorbereitung dieses Gesetzesentwurfes folgende Herren Gewählt:
Alt Reg. Rat Schädler, Triesenberg,
Konrad Emanuel, Schaan,
Vorsteher Hoop, Ruggell,
Ospelt Gustav, Vaduz,
Gassner Hans, Triesenberg,
Meier Emil, Nendeln,
Biedermann Gustav, Schaan.
Diese Kommission wird einen Rechtskundigen beiziehen zur Formulierung des Gesetzantrages und die Sitzung soll am Samsteg, den 28. Jänner im Caffee Real in Vaduz stattfinden. [6]
Herr Wachter St. wünscht, dass man den Ursachen mancher Unzufriedenheiten im Lande auf den Grund gehen sollte und die Beweggründe der s. Zt. [seinerzeitigen] Parteigründungen erforschen sollte. Aus verschiedenen Reden gieng hervor, dass man in Liechtenstein Parteimüde sei und heute nicht mehr die Parteien den Gefahren begegnen könnten, sondern nur ein einiges Bürgertum, das den Weiterbestand des lieben Vaterlandes allen kleinlichen Meinungsverschiedenheiten voranstellt.
Die Abhaltung von Versammlungen in allen Orten des Landes wurde als dringend notwendig erkannt, jedoch sollen keine Doktoren als Referenten erscheinen, weil im Volke eine gewisse Abneigung gegen die Advokaten vorhanden sei, die z. T. an mancher Unzufriedenheit im Lande verantwortlich seien.
Diese Versammlungen sollen öffentlich und für alle Liechtensteiner bestimmt sein und der Leitgedanke soll die Einigung auf den Nenner sein: "Fürstentreues Liechtenstein".
Nach langer Wechselrede einigte man sich, dass zuerst die Gesetzeingabe gemacht werden soll und dann erst die Versammlungstätigkeit aufgenommen werden soll und die Versammlungen gleichzeitig für die Gesetzabstimmung vorbereiten soll.
Die Benennung der Organisation und die Ausstellung eines Programms wurde eifrig besprochen und auch die Gefahr nicht verkannt, dass evtl. die Organisation als dritte Partei aufgefasst werden könnte und dann bekämpft würde. [7] Dies soll aber von vorneherein allen beigebracht werden, dass es sich nur um den Zusammenschluss aller Heimattreuen Liechtensteiner handelt, ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeit.
In diesem Sinn sollen speziell die Gemeinden Triesen und Balzers aufgeklärt werden. Vertreter dieser Gemeinden waren keine anwesend. Mauren und Gamprin hatten sich ebenfalls entschuldigt.
In Ruggell werde die Versammlung keine grossen Schwierigkeiten haben und Herr Vorsteher Hoop ermunterte zur Abhaltung der ersten Versammlung in Ruggell.
Eifrige Debatte löste noch die Frage aus, wie das neu zu schaffende Gesetz sich dem Proporzgesetz anpassen lasse und es wurde auch bemängelt, dass die Bestimmungen über das nicht allseits gut aufgenommene Proporzgesetz noch nicht bekannt gegeben worden sind. [8] Zusammenfassend konnte der Vorsitzende aber feststellen, dass die ganze Versammlung und jedenfalls auch das ganze Volk vom guten Willen beseelt sei, alles zu tun, was der Heimat nützlich, und fern zu halten, was ihr schaden könnte, nur sind die Ansichten über die Wege, welche zu diesem Ziele führen, beim Volk und Regierung nicht ganz dieselben.
Die lebhafte Versammlung wurde mit der Mahnung geschlossen, dass alle freudig mitarbeiten sollen an der Festigung der inneren Geschlossenheit unseres Volkes.