Instruktion für die politischen und Polizeibehörden: Schleichhandel.


Instruction

für die politischen und Polizei-Behörden

zur Ausführung des Erlasses der Ministerien der Finanzen und des Inneren und der obersten Polizeibehörde vom 12. September 1853 (R. G. B. W. 179) über einige Maßregeln zur Hintanhaltung des Schleichhandels.[1]

Zur Ausführung des obigen Erlasses ist von Seite des k. k. Innenministeriums die Instruktion vom 12. September 1853 an die k. k. Finanz-Landes-Behörden ergangen.

Auf diese Instruktion werden hiemit auch die politischen und Polizei-Behörden zur entsprechenden Darnachachtung gewiesen, und zur Ergänzung derselben in Bezug auf das polizeiliche Interesse wird Nachfolgendes bemerkt:

1. Der Gesichtspunkt, daß die Bestimmungen des Erlasses vom 12. September 1853 weder zur Belästigung unverdächtiger Personen werden sollen, noch ein Hinderniß des erlaubten Verkehrs werden sollen, muß vor Allem festgehalten werden. Die zur Entscheidung über die Stellung unter die Paßkontrolle berufenen Behörden dürfen sich daher von einer genauen Prüfung der ihnen von den Finanz-Bezirksbehörden vorgelegten Verzeichnisse nicht entbinden, und haben die Gutachten der Amtsbehörden dabei zu berücksichtigen.

Gleichwohl darf dabei nicht vergessen werden, wie die Finanzbezirksbehörden vorzugsweise geeignet sind, über den gegen ein Individuum vorhandenen Verdacht des Schleichhandels Auskunft zu geben. Es ist dabei soviel als möglich im Wege der Vereinbarung zum Ziel zu gelangen, um den Aufenthalt zu vermeiden, der durch die einzuholende Entscheidung der höheren Instanzen herbeigeführt werden müßte.

2. Die politische Landesstelle hat bei der Entscheidung der Rekurse gegen Erkenntnisse, wodurch Jemand unter die Paßkontrolle gestellt wird, im Einvernehmen mit der das Zollwesen leitenden Finanz-Landesbehörde vorzugehen.

Wird dagegen von der Finanz-Bezirks-Behörde wider die verweigerte Erklärung der Paßpflichtigkeit an die politische Landesstelle rekurrirt, so geschieht dieß nach der Instruktion des Finanzministerium ad §. 3 nur noch eingeholten Billigung der Finanz-Landes-Behörde, weshalb es einer weiteren Rücksprache mit letzterer von Seite der politischen Landstelle nicht bedarf. Dieselbe wird aber auch in diesem Umstande einen desto dringenderen Grund finden, die von der Finanzbehörde für ihren Antrag angeführten Motive der genauesten Prüfung zu unterwerfen.

3. Da die Paßpflichtigkeit der unter die Paßkontrolle gestellten Personen erst mit dem Tage der in §. 3 des Erlasses vom 12. September 1853 vorgeschriebenen protokollarischen Eröffnung geschieht, so haben die Bezirksämter und rücksichtlich die Grenzpolizei-Kommissariate diese Eröffnung ohne allen Aufschub zu veranlassen, worüber die Kreisbehörde (Delegation), der der Erfolg ungesäumt anzuzeigen ist, insbesondere zu wachen hat.

Die Kreisbehörde hat die betreffende Finanz-Bezirks-Behörde von den stattgefundenen protokollarischen Eröffnungen so wie von den auf Rekurse ergangenen Entscheidungen der politischen Landesstelle schleunigst in Kenntniß zu setzen, und es wird ihr, sowie den Bezirksämtern und den Grenzpolizei-Kommissariaten überhaupt die möglichste Beschleunigung aller in Durchführung des Erlasses vom 12. September 1853 sich ergebenden Amtshandlungen zur strengsten Pflicht gemacht.

Unter Einem mit der Verständigung der Finanz-Bezirksbehörde von den stattgefundenen protokollarischen Eröffnungen, sind die unter die Paßkontrolle gestellten Individuen unter Mittheilung des sie betreffenden Auszuges aus dem von der Finanz-Bezirksbehörde vorgelegten Verzeichnisse, den bezüglichen Gendarmerie-Kommanden und den Amtsbehörden, in deren Bezirke diese Individuen domiziliren, bekannt zu machen.

Dieselben sind gleichfalls ungesäumt in Kenntniß zu setzen, wenn die Paßkontrolle aufgehoben wird.

4. Die Bezirksämter und rücksichtlich die Grenzpolizei-Kommissariate haben über die Paßpflichtigen ein eigenes Register zuzulegen. Jedem Paßpflichtigen ist darin ein  Folium zu geben, und es ist in besondere Kolonne anzumerken:

a) wie oft der Paßpflichtige wegen Übertretung des Erlasses vom 12. September 1853 bestraft;

b) wie oft bei demselben, falls er nach §. 8 dieses Erlasses unter polizeiliche Aufsicht gestellt ist, die nächtliche Hausvisitation und mit welchem Erfolge vorgenommen, und

c) wie oft der Paßpflichtige zur Überschreitung der Zolllinie ein Paß erstellt wurde?

Diejenigen Individuen, welche später von der Paßpflichtigkeit entbunden werden, sind im Register zu löschen.

5. Entsteht über die Frage, ob ein Individuum aus der Paßkontrolle zu entlassen sei, eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Finanz-Bezirksbehörde und der politischen Kreisbehörde, so hat letztere darüber an die politische Landesstelle zu berichten, die nach gepflogener Rücksprache mit der Finanz-Landesbehörde entscheidet.

6. Wird ein Übertreten der Vorschriften des Erlasses vom 12. September 1853 an das Bezirksamt oder Grenzpolizei-Kommissariat abgeliefert, so ist dieß dem abliefernden Aufsichtsorgane einfach zu bescheinigen, und die amtseidliche Aussage desselben zu Protokoll zu nehmen. In der Regel muß das Verhör des Übertreters gleich in Anwesenheit dieses Aufsichtsorgans Statt finden.

Ergibt sich hieraus nicht die Nothwendigkeit, noch anderweitige Erhebungen einzuleiten, so ist sogleich das Erkenntniß zu fällen.

Gegen das Straferkenntniß steht zwar der Rekurs offen, wenn jedoch derselbe, was dem Übertreter zu bedeuten ist, nicht gleich bei Kundmachung des Straferkenntnisses angemeldet wird, ist die Strafe ohne allen Aufschub zu vollstrecken.

Wird ein Ausländer als Übertreter ergriffen und verurteilt, so steht zwar auch ihm frei, gegen das Straferkenntniß zu rekurriren, es ist ihm jedoch bei Einlegung des Rekurses zu eröffnen, daß er bis zum Einlangen der Rekurserledigung in diesseitigem Gewahrsam verbleiben müsse. Geldstrafen, wozu Ausländer verurteilt werden, fallen den Armen der Gemeinde zu, in deren Bezirk er betreten wird.

7. Was die Paßpflichtigkeit der Ausländer und die protokollarische Verwarnung derselben betrifft, so kann die Kreisbehörde den Versuch machen, diese Verwarnung durch die ausländische Polizeibehörde zu bewirken, wobei zugleich das Erbiethen auszusprechen ist, die in einzelnen Fällen den betreffenden Personen nothwendigen Eingangspässe auf Ansuchen der jenseitigen Polizeibehörde übersenden zu wollen.

Verweigert die ausländische Polizeibehörde ihre Mitwirkung behufs der protokollarischen Verwarnung, so muß diese erfolgen, sobald das betreffende Individuum von einem Aufsichtsorgan im Lande betreten wird. Der Ausländer wird alsdann dem nächsten Bezirksamte oder Grenzpolizei-Kommissariate vorgeführt, und es ist sohin, wie oben sub 3 bemerkt wurde, vorzugehen.

Das an die ausländische Polizeibehörde gestellte Ersuchen hindert übrigens nicht, den etwa inzwischen im Lande betretenen Ausländer dem Bezirksamte oder Grenzpolizei-Kommissariate behufs der protokollarischen Anweisung vorzuführen.

Dieser Vorführung wegen sind Ausländer, sobald gegen sie das Erkenntniß auf Stellung unter die Paßkontrolle erflossen ist, unter umständlicher Personsbeschreibung den bezüglichen Gendarmerie-Kommanden bekannt zu geben.

8. Bei Ausstellung von Reiseurkunden hat sich das Bezirksamt und rücksichtlich das Grenzpolizei-Kommissariat genau nach der Vorschrift des §. 2 des Erlasses vom 12. September 1853 zu benehmen. In der Reiseurkunde muß angegeben werden, für welche Zahl von Tagen dieselbe zu gelten habe.

Für einen längeren Aufenthalt im Auslande oder im Zollausschlusse darf nur nach unzweifelhaft nachgewiesener Veranlassung Erlaubniß erteilt werden.

Soviel immer möglich, ist von den ertheilten Reisebewilligungen den Organen der Grenzaufsicht und der Gendarmerie Nachricht zu geben, da es doppelt nothwendig ist, die Rückkehr der Paßpflichtigen zu überwachen.

9. Die im §. 8 des Erlasses vom 12. September 1853 angeordnete polizeiliche Beaufsichtigung stellt sich, wenn sie mit der gehörigen Energie gehandhabt wird, als eines der wirksamsten Mittel zur Unterdrückung des gewerblichen Schleichhandels dar. Die Kreisbehörden werden daher angewiesen, die Handhabung derselben ganz besonders ins Auge zu fassen.

Die Grenzpolizei-Kommissariate und die Gendarmerie sind insbesondere angewiesen, die Hausvisitationen möglichst oft und immer zu verschiedenen Stunden der Nachtzeit vorzunehmen, hiebei aber die übrigen Hausbewohner, so wenig als möglich zu stören.

Die Erfolge der Hausvisitationen sind dem betreffenden Amte anzuzeigen.

10. Bei Entscheidung der Rekurse gegen Erkenntnisse, wodurch Jemand unter polizeiliche Aufsicht gestellt wird, hat die politische Landesstelle im Einvernehmen mit der Finanz-Landesbehörde vorzugehen.

11. Diejenigen Personen, welche der polizeilichen Beaufsichtigung hinsichtlich ihres Aufenthalts (§. 8 des Erlasses vom 12. September 1853) verhalten, sind einer solchen auch hinsichtlich ihres Lebenserwerbes zu unterziehen.

Dieselben sind zum Nachweise ihrer Subsistenzmittel und der Gewinnung derselben anzuhalten, und für den Fall ermangelnder ehrlicher Beschäftigung und Arbeit als arbeitslose Arme nach Vorschrift der bestehenden Gesetze zu behandeln. Gehören sie einer Gemeinde in der im §. 1 des Erlasses vom 12. September 1853 sub a und b bezeichneten Bezirken nicht an, so sind sie bei mangelndem ehrlichen Erwerbe, daraus abzuschaffen.

Für die Richtigkeit der Abschrift.

Wien am 6. Jänner 1854.

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[1] LILA Sg RV 1854/18. Originaltitel.