Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über die Arbeit von Sohn Julius Lampert und die Ausbildung der Tochter Theresia Lampert, den kurzen Winter, einen Grossauftrag der Eisenbahngesellschaft, das rasante Wachstum von Portland, günstige Lebensmittel, die Berichterstattung eines bevorstehenden Krieges in Österreich, den deutschen Priester in Portland und den Bau einer neuen Kirche


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Portland (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Geschwister in Triesenberg

Portland den 17. Februar 1887

Liebe, theure Geschwisterte!
Ich habe lezten Sommer deinen lieben Brief
erhalten, aber ich war immer zu nachläßig zu
schreiben, und heute bin ich ganz allein, und so
will ich euch wieder mitheilen wie es uns
geht. Ich bin mit meinen Kindern gesund
Gott sei Dank, der Julius arbeitet immer
am alten Platz, seitdem wir in Portland
sind, und die Theresia lernt das Putzmachen
sie hat bald ausgelernt, dan bekommt sie einen
schönen Lohn, und ich thu als noch ein wenig
Karbetweben nebst meiner Hausarbeit
aber nicht mehr viel, den die Kinder wollen
es gar nicht haben. Wier haben erst zwei
Wochen zurük schnee bekommen er ist aber
bald wieder fort, den wir haben nicht lange
Winter hier, mit der Arbeit soll es diesen
Sommer recht gut werden, die Eisenbahn-
geselschaft laßt allein über 2 Millionen
Dolar bauen.

Es wird eine Eisenbahn Brüke gebaut, eine
andere zum gehen und mit Wagen fahren ist
schon gebaut diesen Herbst und Winter, die
werden gebaut zum auf- und zudrehen
damit die Schiffe doch vorbei können.
Portland hat sich viel vergrößert seitdem
ich hier bin, es ist und bleibt die Hauptstadt
in Orgon, es wird noch eine Eisenbahn gebaut
dan kommen 4 verschiedene Eisenbahnen
zusammen, nebst Schiffahrt. Die Lebensmittel
sind billig, das Mehl kostet das beste 100 Pfund
2 Thaler, Kaffe 8 Pfund für 1 Thaler, Zucker 16 Pfund für
1 Thaler, Rindfleisch 10 Sent das Pfund, Kartoffel
sind dieses Jahr theurer 50 Sent das Viertel
oder Buschel. Der Katharina ihr Bruder war
gestern hier er sagt mir, daß seine Mutter
und Geschwisterte Lust hätten hieher zu
kommen, er hat ein schönes stük Land neben dem
Franzsep und er ist recht zufrieden. Ich habe gelesen
in der Zeitung, daß Östreich ein großer Krieg
bevorsteht, und da wird es bei euch dort auch noch
so weit kommen, daß sie wieder Soldaten stellen müßen

und in Folge des Krieges wird alles sehr theuer
und die Geschäfte stehen still, wäre es nicht besser
für mein Bruder und meine Schwester Theres wenn
sie mit ihrer Famili hieher kommen würden, wo sie
bei ihrer Famili ihr Brod verdienen und auch essen
könten, ich habe mir zwar fest vorgenommen ich
wolle nicht mehr schreiben, daß sie kommen sollten
den sie glauben mir ja doch nicht, oder denken
noch villeicht noch ich wollte sie ins Elend rathen,
aber ich fasse noch einmal Muth und zum leztenmahl,
und rathe es ihnen zu kommen, denn das Herz blutet
mir bei dem Gedanken, daß meine liebe
Schwester so weit in die Fabrik muß von
ihrer Famili fort, stat wo sie hier ihr Brod so
viel leichter und zu Hause verdienen kan, auch
für ihr Mann wäre genug Arbeit hier, ich habe
gehört es wäre ein Gipser, für solche ist es
ausgezeichnet die verdienen ein großes Geld,
eben so ist es für mein Bruder die Maurer
werden gut bezahlt hier, oder Steinhauer
der Franzsep hat lezten Sommer 3 1/2 Thaler verdient
den Tag.

ich bin überzeugt, sie würden es nie bereuen,
sie kommen ja in ein fremdes Land, aber zu vielen
Bekanten und Verwandten, und alle würden thun
für sie, was sie könten, ich habe mich befragt
wegen der Reise, das kostet von Basel bis nach
Portland 72 Thaler oder 370 Franken, das ist billig, im
fall das sie Lust haben zu kommen so würde ich ihnen
alles schreiben wie sie sich zu verhalten hätten
auf der Reise, es ist alles viel bequemer einge-
richtet als wo ich nach Amerika bin, die Reise
von Neu Jorck bis nach Portland dauert
nur 7 Tage. Liebe Schwester Juliana sei so
gut und rathe es ihnen sie werden dir gewiß
ihr Lebtag dankbar sein, und die Schwester Theres
kan gleich anfangen Karbetweben ich gebe ihr mein
Webstuhl, ich muß mein Besuch noch immer
aufschieben, den meine Kinder können mich
noch nicht entbehren. Wir haben jezt auch
einen Deutschen Priester hier und wier bekommen
dieses Frühjahr eine Deutsche Kirche, jezt haben
wier in einer Kappelle nur 200 Fuß von hier
meinem Haus jeden Sontag Gottesdienst und
Deutsche Predigt, wier Deutsche Katholicken
haben bald in einer halben Stunde 3500 Thaler
unterschriften zusammen gebracht für die

Kirche zu bauen, und der Platz haben wier
schon leztes Jahr gekauft für 4.000 Thaler.
4 Loten, da könt ihr sehen, daß sie willig sind große
Opfer zu bringen, um unser Gottesdinst und Predigt
in unserer Muttersprache zu feiern, wier haben
3 englische Kirchen hier aber da wird ja kein
deutsches Wort gesprochen. Der Hw. Doktor
Sommer aus Baiern ist unser Priester, es ist ein
ausgezeichneter Prediger und lezten Sommer erst
von Deutschland gekommen. Es geht allen Verwand-
ten recht gut hier, und es gefällt mir recht gut
hier, besser wie in Freeport, wier haben
Elektrisches Licht über die ganze Stadt,
so daß es bei der Nacht ganz hell ist.
Ich will nun schließen in der Hoffnung,
daß dieser Brief euch alle noch am Leben
antrifft Verbleibe ich
Euere Schwester
Karolina Lampert

viele grüß an alle Geschwisterte
Vetter und Basen und besonders deine Thochter
von uns allen


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