Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Freeport (Illinois), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Geschwister in Triesenberg [1]
Oktober 1875, Freeport (Illinois)
Vielgeliebte Geschwisterte!
Heute Abend, da ich ganz allein bin
mit meinen lieben Kindern, sehnt sich
mein Herz nach Euch, liebe Geschwister-
te, ich kan aber leider nur schriftlich [2]
Euch [3] meine Angelegenheiten mitheilen,
u. wer weis wen ich wieder was
hören werde von Euch. - Ich bin mit
meinen lieben Kindern Gott sei Dank
zimmlich gesund, aber das Heimweh, u.
die Verlassenheit, das bringt mich
früh ins Grab. Es sind hier alle
meine Verwandte fort, die Barbara ist mit
ihren Thöchtern nach Oregon u. die
Josepha [Josefa Lampert] ist nach Iowa gezogen, u.
am letzten Donnerstag ist auch noch die
Justina [Gassner [-Lampert]] nach Oregon. Wen ich mein
Haus u. Lott hätt können gutt verkaufen
dan wäre ich auch mit der Justina nach
Oregon, sie hatt aber mir versprochen [4]
wen es für mich viel besser wäre wie
hier, das ich mehr verdienen könte sie
wolle mir schreiben, das ich auch sobald
wie möglich nach käme, u. ich werde es
auch thun, den von Euch kommt doch keines [5]
hieher. Ich habe hier zwar keine Noth
ich habe genug zu essen und zu trinken
aber die lange Zeit, ich habe auch eine
Nähmaschiene gekauft für 40 Daler, das
ich meine Kleider geschwind genäht habe,
ich kan in einem Tage mehr nähen, als
ihr in einer Woche. Ich habe 70 Stück
Hühner junge u. alte da werde ich alle
schlachten bis auf ein Duzend, u. habe
4 Schweine u. eine Kuh. Die Kartoffel
sind aber zimlich theuer dieses Jahr
90 Sent bis 1 Daler die Buschel oder das Viertel
man hofft aber, das sie noch billiger werden.
Die andern Lebensmittel sind billig.
Wir haben jezt eine schöne neue Kirche
u. nächsten Monat kommen 3 Missionäre
hieher und halten Mission. [6]
Nun wie geht es den bei Euch, sind meine
4 Schwestern [Nothburga Schädler [-Schädler], Sophie Schädler [-Schädler], Juliana Sele [-Schädler], Theresia Eberle [-Schädler]] auch wieder gesund. wo ist
den mein Bruder [Johann Baptist Schädler] u. die Schwester Theres
u. wie geht es ihnen, ist die Theres noch
ledig oder hat sie Bekantschaft, dass [7] sie
gar nicht zum Bewegen ist zum nach
Amerika zu kommen. Was macht der
Lehrer u. seine Söhne, sage ihnen liebe
Schwester, ich lasse sie freundlich grüssen
und sie brauchen dem Johan Lampert [Johann Lampert] nicht
mehr zu schreiben, er ist jetzt in Oregon
beim Banzer, er hat hier mit allen seinen
Landsleuten Streit gehabt [8] u. zuletzt auch
noch mit mir, [9] bis ich ihn beim
Haus naus gejagt habe, hernach habe
ich Ihn verklagt u. er hat müssen 5 Daler
bezahlen für sein Schimpfen, er hat nun
keine Winterherberge mehr gefunden,
ausser in einem Hottel u. dort kostete
es ihn zu viel, desshalb war er gezwungen
Freport zu verlassen. Was machen dem
Lehrer Bek seine Töchtern, u. wie befinden
sich alle meine Vetter und Bassen? [10]
Liebe Schwester Du hast mir auf mein
letztes schreiben nicht geantwortet, u.
ich habe schon mit schmerzen darauf
gewartet. Was macht den der Base ihren
Mann ist er noch im Zuchthaus. Liebe
Schwester es ist schon zimlich kalt hier
u. ich fürchte wieder einen kalten
Winter. man braucht so viel Holz u.
es ist theuer hier. Liebe Schwester
ich muss nun bald schliessen mit viel
tausend grüssen an alle Freunde
Bekante und Verwandte Vetter u.
Basen und besonders grüsse ich Euch
alle meine Geschwisterte u. ganz
besonders grüsse ich Dich und Deinen
Man u. Verbleibe Deine
Dich nie vergessende Schwester
Karolina Lampert
______________
[1] LI LA PA 188/004. Brief in Kurrentschrift.
[2] Durchstreichung.
[3] Durchstreichung.
[4] Seitenwechsel.
[5] Durchstreichung.
[6] Seitenwechsel.
[7] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[8] Durchstreichung.
[9] Durchstreichung.
[10] Seitenwechsel.