Handschriftliches Originalschreiben des Urban Mündle, Jacksonville (Florida), an Konrad Meier und Angehörige, Eschen [1]
20.11.1926, Jacksonville (Florida)
Liebe Angehorige.
Das letztmal schrieb ich Euch von
Charleston South Carolina. Seit letzten Sonntag
befinde ich mich hier in Jacksonvill Florida.
Ein wundervolles Land wir haben gegenwär-
tig das reinste Frühlingswetter hier; es ist das
Land wo die Citronen blühen. Hier ist aber
alles auch teuer mein Lebensunterhalt kostet
mich taglich $ 15 Zimmer allenig
ist $ 8 per Tag. Allein ich darf keine Sorgen haben
wieviel es kostet meine Comp. offerierte mir alles
frei was Auslagen anbetrifft; und so lebe ich
drum in ziemlich guten Verhältnissen. Voraussichtlich
werde ich ungefähr 4 Monate hier bleiben. Ich
habe hier sehr viel zu tun und habe uber 150
Arbeiter beschäftigt. Meine Comp. brachte mir schon
wieder eine neue Aufforderung wenn ich hier
fertig bin nach Tampa zu gehen ich lehnte aber
ab. Denn New York und umgegend ist mir
zur Heimat geworden und ich werde wieder
dorthin zurückgehen. [2]
Wie ihr mir schreibt gehen viele von Liechten-
stein nach Amerika, ich möchte aber eines
bemerken, Wer nicht gute Welterfahrung und keine theo-
retischen und pracktischen Kenntnisse der ist
besser versorgt in der alten Heimat. Würde
jeder der Wahrheit entsprechend Schreiben so würde
mancher Fehler unterbleiben. Amerika ist das Land
der Arbeit und Kenntnisse werden hier sehr bevorzugt.
Man bedenke ich habe ungefähr 80 Maurer beschäftigt
Meistens Neger. Diese bekommen $ 12,50 tausend
Stockziegel dieselben legen jeden Tag pro Mann
1800 Ziegel in 8 Stunden. In Europa halt man
so was für unmoglich. Man sieht aber keinen
derselben nur für 5 Minuten herumstehen. Time
is money. d. h. Zeit ist Geld heisst es hier.
Wenn ich hier fertig bin gedenke
ich mich für eine kurze Zeit zur Ruhe zu setzen
und mir eimal wohl sein zu lassen. Es geht
jetzt in das 6. Jahr dass ich in U.S. bin
und jeder Tag war für mich ein Arbeits
tag. Sogar wenn mir meine fruhere Comp [3]
14 Ferien gab, so nützte ich dieselben
aus um mir 2 Häuser zu bauen welche
mir beim Verkaufe ein kleines Sümmchen
einbrachten. Aber mein reges und fleisiges
Arbeiten haben mir was gebracht und
ich sehe nicht mehr so trostlos in meine
Zukunft. Segen ist der Mühe Preis. Wenn
ich gesund bleibe so werde ich mir mal
nächstens den Sport erlauben nach
Europa eine kleine Spazierfahrt zu machen
vielleicht gehe ich als Vertreter der Texas
Co. nach Antwerpen Holland. Jedoch ist
mir diese Arbeit noch nicht sicher zugesagt
und wenn ich überlege denke ich ist es
besser ich bleibe hier. Zwar werde ich von
meinen Vorgesetzten sehr begünstiged da
sie mich brauchen jedoch gebe ich sehr wenig
um Gunst sondern vielmehr um Kunst.
Dass es meinem Vater [Johann Mündle] gut geht
freut mich sehr. Und hoffe dass er mit seinen
Augen keine allzugrossen Schwierigkeiten hat. [4]
Mein Vater muss schon älter sein ich bin ja schon
30 Jahre alt. Die Zeit geht im Fluge dahin ich
glaube erst for kurzem ein Student gewesen
zu sein und heute bin ich ein alter Junggeselle.
Ich bin weit in der Welt herumgekommen und habe
die Gunst gehabt vieles zu sehen aber doch kann
ich mein Heimatland nie ganz vergessen. Zwar
kannte ich nie ein direktes Heimweh aber doch
muss ich gestehen dass ich manchmal ein
stilles Sehnen nach der alten Heimat habe
trotzdem ich dort nichts mehr zu suchen habe.
Wenn ich Abends so ganz allenig bin und zurückden-
ke und wieder meine gegenwärtige Lage ver-
gleiche komt mir alles öde und verlassen
vor. Das einzige mittel mich aus diesen
melancholischen Träumen zu reissen ist Arbeit.
Mit vielen herzlichen
Grussen
Urban
Gruss an Alban [Matt] und David Matt [5]
______________
[1] LI PA Meier Guido. Brief in lateinischer Schrift.
[2] Seitenwechsel.
[3] Seitenwechsel.
[4] Seitenwechsel.
[5] Nachträglich auf der 2. Briefseite hinzugefügt.