Kurt Weiss, der Mörder des Vaduzer Alt-Bürgermeisters Franz Josef Weiss, wird in Deutschland verhaftet und abgeurteilt


Zeitungsmeldung, nicht gez. [1]

28.3.1923

Der Raubmörder [von] Franz Josef Wachter verhaftet! Am Sonntagmorgen traf beim Landgerichte die telegraphische Mitteilung ein, dass der Mörder Franz Josef Wachters in Berlin verhaftet worden sei und die Mordtat eingestandenhabe. Der Mörder soll ein 21jähriger Student aus Norddeutschland sein. Heute wird bekannt, dass die Behörden schon seit länger[er] Zeit ganz bestimmte Anhaltspunkte hatten, wer die furchtbare Mordtat begangen habe: Kurt Weiss - so heisst der Mörder — soll sich gelegentlich seiner Ausreise aus Deutschland der Lindauer Grenzpolizei gegenüber renitent benommen haben, was diese veranlasste, den Weiss auf die schwarze Liste zu setzen und seine Personalien genau festzuhalten. Erst auf Grund dieser Tatsachen konnte die Verfolgung mit größerer Aussicht auf Erfolg aufgenommen werden.

Genau drei Wochen nach der Mordtat trifft die Nachricht von der Verhaftung des Mörders hier ein. Der irdischen Gerechtigkeit ist der Mordbube nicht entgangen. Die Sühne für seine entsetzliche Tat wird der 21-jährige missratene Jüngling in seiner Heimat leisten müssen. Wie die Sühne ausfallen wird, steht heute bei den deutschen Gerichten: ob der Mörder seine Untat auch mit seinem Blute reinwaschen muss oder ob er durch viele Jahre hinter ausbruchssicheren Eisengittern darüber nachdenken kann, welche Schreckenstat er vollbracht hat, bleibt dem Urteilsspruche der deutschen Richter vorbehalten.

Als deutscher Bürger wird der Mörder selbstverständlich nicht ausgeliefert, dagegen die Aburteilung in Deutschland geschehen. Für unser Volk bedeutet die Nachricht von der Verhaftung eine sichtliche Beruhigung. Die Prämie für die Auskundschaftung und Ergreifung des Mörders ist in den letzten Tagen auf 1000 Fragen erhöht worden.

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[1] O.N. 28.3.1923, S. 2. Zum Raubmord siehe Strafakt LI LA J 7/S 54/62. Die Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft beim Landgericht III in Berlin ist im Rechenschaftsbericht der Regierung 1923 (S. 115-118) publiziert.