Maschinenschriftlicher Pfrundbrief, gez. Ortsvorsteher Luzius Gassner, Josef Sprenger, Gemeindekassier Oskar Bargetze, Emil Kindle, Johann Lampert und Julius Hoch [1]
2.7.1916, Triesen
Pfrundbrief der Pfarrpfründe Triesen
Der Priester, welcher die Seelsorge von Triesen als Pfarrer übernehmen soll, wird durch die Gemeindeversammlung der Gemeinde Triesen mittelst Wahl – in der Regel per modum con-cursus vorzunehmen – dem Diöcesan-Bischof präsentiert und vom Bischof nach Massgabe des katholischen Kirchenrechts gesandt und kanonisch instituiert.
Er tritt in sein Amt ein mit allen Rechten und Pflichten, welche das katholische Kirchenrecht einem Pfarrer gibt, beziehungsweise auferlegt.
I. Pflichten
Die allgemeinen Pflichten eines Pfarrers sind durch das Concilium Tridentinum, durch die Diöcesanvorschriften und durch die althergebrachten Gepflogenheiten der Pfarrei bestimmt.
Im Besonderen hat der Herr Pfarrer die Pflicht,
1) in der Pfarrei ständigen Aufenthalt zu nehmen und im Falle ihrer zeitweisen Verlassung für die Bestellung einer geeigneten Aushilfskraft zur Versehung der Seelsorge Vorsorge zu treffen;
2) an die Gemeinde pro Jahr als sogenanntes „Gemeindewerk“ statt der Naturalleistung zu entrichten = 10 Kronen;
3) die jeweils auf ein Steuerkapital von 628 Kronen 72 Heller entfallende Grundsteuer zu tragen;
4) den Zaun in Stand zu halten, der in der Wiese im Gazis dem Alpweg entlang führt;
5) der Gemeinde anlässlich des Empfanges des Alpkäses unentgeltlich ein heiliges Messopfer darzubringen.
Weiters hat der Pfarrer für die vom Kooperator in der Pfarrkirche celebrierten heiligen Messen den Opferwein unentgeltlich beizustellen und dem Pfarrmessner an den hl. Tagen und zwar zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten ein unentgeltliches Mittagsmahl zu verabfolgen.
II. Einkommen
Das Einkommen des Pfarrers von Triesen besteht:
1. aus den Zinsen eines Kapitals von zirka 5000 Kronen, welches laut Pfrundurbarium teils bei Privaten, teils bei der liechtensteinischen Landessparkasse angelegt ist; die jährlichen Zinsen betragen zirka 220 Kronen;
2. aus den Zinsen des abgelösten Zehentkapitales, das die Gemeinde unentgeltlich verwaltet. Diese Zinsen werden in vierteljährigen Raten bezahlt und betragen im ganzen pro Jahr zirka 872 Kronen;
3. aus der von der Gemeinde jährlich zu leistenden Entschädigung von 22 K 32 h für die Reduktion des Zinsfusses, aus der ebenfalls von der Gemeinde zu leistenden Vergütung für die viermalige Verpflegung der P.P. Kapuziner im Betrage von 24 Kronen und für die Felderbenediktion im Betrage von 2 Kronen;
4. aus der aus dem Pfarrkirchenfond zu leistenden Vergütung von 6 Kronen für Bewirtung der fremden Priester an Bittagen und von 16 K 60 h für die wöchentlichen und monatlichen Gänge in die Liebfrauenkapelle (Intention frei);
5. aus den Erträgnissen der Stiftungen für Jahrtage im gegenwärtigen Betrage von 625 Kronen;
6. aus den Opfergeldern, welche bei Seelengedächtnissen entrichtet werden und welche im Jahre zirka 140 Kronen betragen;
7. aus nachstehenden Taxeinkünften und zwar
für die Eheverkündigungen | 3 Kronen |
für die Vornahme der Kopulation | 1 Krone |
für die Beerdigung eines Erwachsenen | 1 Krone |
für die Beerdigung eines Kindes | 0 K 50 h |
für Abnahme eines Brautexamens | 2 Kronen |
für Aussegnungen | eine beliebige Gabe |
für Ausfertigung pfarramtlicher Scheine an Private | 1 Krone |
8. in der Nutzniessung aller zur Pfarrpfründe gehörigen Güter, nämlich:
a) des Pfarrhauses und des dazu gehörigen Ökonomie-Gebäudes, deren Instandhaltung – kleinere Sachen ausgenommen – der Gemeinde obliegen.
b) des dabei liegenden Gemüsegartens | |
c) des dabei liegenden Baumgartens mit | 974 [Quadrat]Klaftern |
d) des beim Hause liegenden Weinberges mit | 613 Klaftern |
e) der Wiese im sogenannten Langacker mit | 1968 Klaftern |
f) einer Wiese mit Baumgarten im Gazis | 701 Klaftern |
g) einer Wiese im Bovel mit | 825 Klaftern |
h) einer Wiese in der Au mit | 260 Klaftern |
i) einer Wiese im Dreiangel mit | 636 Klaftern |
k) eines Ackers auf dem Sande mit | 400 Klaftern |
l) eines Riedteiles mit | 239 Klaftern |
m) eines Krautgartens mit | 10 Klaftern |
Der sub d) erwähnte Weinberg ist der Gemeinde auf 6 Jahre, das ist vom Jahre 1916 bis Ende des Jahres 1921 gegen einen jährlichen Pachtschilling von 500 K und unter der Bedingung der gehörigen Instandhaltung pachtweise überlassen.
Nach Ablauf dieser Zeit steht es dem Pfarrer frei, einen neuerlichen Pachtvertrag abzuschliessen oder die Bewirtschaftung des Weinberges selbst zu übernehmen.
In letzterem Falle leistet die Gemeinde unter der Voraussetzung, dass der Weinberg ordnungsmässig bearbeitet und gedüngt wird, dem Pfarrer Gewähr für einen jährlichen Reinertrag von 500 Kronen aus demselben.
9. Ferner geniesst der Pfarrer:
a) das Nutzungsrecht einer Gemeindeteilung, wie jeder Bürger, mit mehreren kleineren Stücken Land;
b) das Bezugsrecht auf das jährlich benötigte Brennholz, sowie im Falle der eigenen Bewirtschaftung des Weinberges auf das Holz für die Weinbergstickel. Die Unkosten des Fällens, Beischaffens und Spaltens liegen dem Pfarrer ob;
c) das Alprecht, gleich einem Gemeindebürger;
d) das Weiderecht auf den Gemeindeterritorium, wie ein Bürger;
e) das Recht der Benützung der Sennerei, wie ein Genosse;
f) das Recht auf Bezug eines „sauren Käses“ aus der Alpe Valüna.
III. Die Gemeinde verpflichtet sich, Anordnungen des Bischofes, welche Kirche und Gottesdienst betreffen und die Gemeinde nicht belasten, nicht entgegenzuwirken.