Der Landtag geht von der Idee, ein eigenständiges Telefonnetz aufzubauen, ab und stimmt dem Abschluss eines entsprechenden Staatsvertrags mit Österreich zu


Bericht im Liechtensteiner Volksblatt mit längeren Passagen aus dem Landtagsprotokoll vom 18.6.1898, die direkt übernommen werden[1]

18.6.1898 (Beschluss), 24.6.1898 (Bericht im Volksblatt)

[Erstellung eines Telefonnetzes in Liechtenstein] [2]

Anlässlich der Beratung des Finanz-Etat kam die Erstellung telephonischer Verbindungen im Lande nochmals zu eingehender Erörterung. Der letztjährige Beschluss des Landtages, Telephonverbindungen im Lande zu erstellen, hatte zur Grundlage, den Betrieb in eigene Verwaltung zu nehmen. Nun teilt der Herr Regierungskommissär [Karl von In der Maur] mit, dass er wichtige Bedenken gegen einen solchen Eigenbetrieb hege und zwar auf Grund wiederholter Besprechungen mit fachmännischen Stellen. Der Betrieb in eigener Verwaltung würde unverhältnismässig teuer werden, da in diesem Falle, der Anschluss an die Postämter unmöglich sei. Es müsste ferner für einen ständigen Techniker gesorgt werden. Endlich dürften sich die interurbanen Verbindungen und Anschlüsse an das Ausland nur schwer bewerkstelligen lassen. Aus diesen Gründen empfehle es sich, mit Österreich, welches bereits schon unser Post- und Telegraphenwesen besorgt, ein Abkommen zu treffen, damit dasselbe die Erstellung und den Betrieb unseres Telephonnetzes übernehme. Er habe in dieser Beziehung bereits, nachdem ihn Seine Durchlaucht der Landesfürst zur Führung der Verhandlungen ermächtigt habe, mit dem k. k. österreichischen Handelsministerium verkehrt und vom letzteren den Entwurf eines Abkommens erhalten, das nach seiner Überzeugung für Liechtenstein günstig sei.

Die wesentlichen Punkte des vorgelegten Abkommens lauten auszugsweise wie folgt:

1. Die österreichische Staats-Telegraphenverwaltung übernimmt die Herstellung des liechtensteinischen Telephonnetzes gegen Ersatz der gesamten Kosten des Leitungsbaues und der betriebstechnischen Einrichtung.

2. Das Netz wird an das Telegraphenamt in Vaduz als Centrale angeschlossen und werden in dasselbe einbezogen: Balzers, Mels, Triesen, Triesenberg, Rothenboden, Sücca, Schaan, Nendeln, Eschen, Bendern, Ruggell, Schellenberg, Mauren und Schaanwald.

Das Postamt Vaduz bildet die Centrale, die 4 Postämter Balzers, Triesen, Schaan und Nendeln die Neben-Centralen und zwar so, dass Schaan und Nendeln einerseits, Triesen und Balzers andererseits in einer gemeinsamen Leitung hintereinander geschaltet werden. Die übrigen genannten Ortschaften werden (soweit thunlich auch hintereinander geschaltet), an die Postämter angeschlossen. Desgleichen kann der Anschluss privater Teilnehmer (sogen. Abonnentenstationen) nur entweder direkt an die Centrale oder an eine der bei den Postämtern zu errichtenden Nebencentrale erfolgen.

3. Den Betrieb übernimmt die österreichische Telegraphenverwaltung auf deren Rechnung. Der Verkehr sämtlicher Telephonstellen des Landes untereinander wird als Lokalverkehr aufgefasst und für ein Gespräch bis zur Dauer von drei Minuten eine Gebühr von 10 kr. berechnet. Im übrigen gelten für diesen Verkehr, wie auch für die Herstellung von privaten Telephonanschlüssen (Abonnenten) die Bestimmungen der Österreich. Telephonverordnung vom 7. Oktober 1887. Nach dieser ist für die telephon. Aufgabe oder Abgabe eines Telegrammes eine Vermittlungsgebühr von 5 kr., für ein Phonogramm (schriftliche Weitergabe eines telephonischen Gespräches) eine Grundtaxe von 5 kr. und eine Worttaxe von ½ kr. zu bezahlen. Die Gebührensätze für die Teilnehmer (Abonnenten) sind: a) an Baugebühr für die Herstellung der telephonischen Verbindung für Strecken bis zu 500 Meter 50 fl., für weitere je 100 Meter 10 fl.; b) an jährlich wiederkehrenden Gebühren: Stationsgebühr 30 fl., Umschaltungsgebühr 20 fl. (Diese für unsere kleinen Verhältnisse allerdings sehr hohen Gebühren berechtigen den Abonnenten mit Abonnenten ohne weitere Taxe zu sprechen, hingegen hat auch der Abonnent im Verkehre mit öffentlichen Sprechstellen 10 kr., d. h. die gleiche Gebühr wie jeder andere zu bezahlen.)

4. Für den Fall, als die Gebühren-Einnahmen die aus dem Betriebe erwachsenden Auslagen nicht decken, behält sich die österreichische Staatsverwaltung das Recht vor, den Ersatz der Mehrauslagen von der liechtensteinischen Regierung anzusprechen, eventuell den Betrieb der Telephonanlage einzuschränken, oder ohne Leistung einer Entschädigung wieder aufzulassen.

5. Die liechtensteinische Regierung hat mit Ausnahme der bei den Postämtern zu unterbringenden Telephonstellen für die Unterbringung und Führung der einzelnen Telephonstellen in geeigneten Lokalitäten ohne Entgelt zu sorgen.

6. Die Herstellungskosten der interurbanen Verbindung der Telephon-Centralen Vaduz und Feldkirch werden halbscheidig von der liechtenst. Regierung und der österr. Staatstelegraphen-Verwaltung getragen. Weitere interurbane Verbindungen mit der Schweiz, Württemberg und Bayern sollen über Wunsch der liechtensteinischen Regierung angebahnt werden.

Die Finanzkommission hatte diese mitgeteilten Punkte des Vertrags-Entwurfes geprüft und ein zustimmendes Votum empfohlen, wenn das proponierte Abkommen in einigen Punkten ergänzt wird. Die hiernach vorgeschlagene und vom Landtage einstimmig angenommene Resolution lautet:

Der Landtag gibt dem von der fürstl. Regierung mit dem k. k. österreichischen Handelsministerium in Aussicht genommenen Abkommen betreffend die Herstellung und den Betrieb der projektierten Telephonanlage im Lande seine Zustimmung unter der Voraussetzung, dass einige Punkte des Abkommens ergänzt bezw. abgeändert werden und zwar in folgender Hinsicht:

Es soll auch dem Lande das Kündigungsrecht gewahrt bleiben. — Dann erachtet es der Landtag, um uns vor jährlich wiederkehrenden Deckungen von Betriebsausfällen zu schützen, für notwendig, dass die Anschlüsse der Teilnehmer (Abonnenten) nicht nur an den im Abkommen vorgesehenen Postämtern, sondern nach Bedarf auch an anderen Stellen ermöglicht werden und thunlichst auch die Gebührensätze für Teilnehmer unseren kleinen Verkehrsverhältnissen entsprechend herabgesetzt werden. — Ferner dürfte es billig sein, dass, nachdem das Land für Betriebsausfälle aufzukommen hat, auch allfällige Betriebsüberschüsse dem Lande zufallen. — Endlich soll im Abkommen das Eigentumsrecht des Landes auf die Telephonanlage ausdrücklich erwähnt werden. — Als wünschenswert würde der Landtag die Unfallmeldeeinrichtung, wie solche bereits in Württemberg und Bayern sich als sehr nützlich erwiesen hat, betrachten.

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[1] L.Vo. 24.6.1898; S. 1 f. Vgl. Landtagsprotoll vom 18.6.1898. Die Regierungs- und Landtagsunterlagen zur Einführung des Telefons im Liechtensteinischen Landesarchiv sind unvollständig, sodass auf die Berichterstattung im Liechtensteiner Volksblatt ausgewichen werden muss. - Zur Sache: Zum Abschluss eines Vertrags mit dem k.k. Handelsministerium kam es nicht, obwohl dem Landtag bereits ein Vertragstext vorgelegt wurde. Der Aufbau des Telefonie in Liechtenstein erfolgte ohne vertragliche Regelungmit Österreich-Ungarn.
[2] Kein Originaltitel.