Der Fremdenverkehrsverband für Vorarlberg und Liechtenstein wendet sich gegen die vom liechtensteinischen Landtag geforderte Erlassung eines Fahrverbotes für Automobile im Fürstentum


Handschriftliches Schreiben des Verbandes für Fremdenverkehr in Vorarlberg und Liechtenstein, gez. Vorsitzender N.N. und in Vertretung des Schriftführers Sekretär Irlinger, an die liechtensteinische Regierung [1] 

22.3.1909, Bregenz

Während der letzten Tagung hat der hohe Landtag des Fürstentums Liechtenstein beschlossen, der hohen Regierung einen Gesetzesantrag zur Genehmigung in Vorlage zu bringen, wonach das Befahren der Strassen mit Automobilen und anderen Motorfahrzeugen im ganzen Fürstentum verboten werden soll. [2]

Die Leitung des Verbandes für Fremdenverkehr in Vorarlberg und Liechtenstein ist darüber nicht eingehend unterrichtet, welche Gründe dabei für den hohen Landtag bestimmend waren. Es muss allerdings zugegeben werden, dass der Nutzen, welchen Land und Leute aus dem Automobil ziehen, infolge der territorialen Lage des Fürstentums Liechtenstein im Verhältnis zu den Nachteilen im grossen Ganzen eine verschwindend kleiner ist. Für den dortigen Fremdenverkehr kommt das mit Automobilen reisende Publikum nicht in Betracht. Wohl aber würde das Gesetz in seinem ganzen Umfang durchgeführt, dem Fremdenverkehr unseres benachbarten Landes Vorarlberg und der von hier aus zu erreichenden österreichischen Kronländer zum Schaden gereichen. Von Jahr zu Jahr steigert sich die Zahl des Automobile benützenden internationalen, sehr begehrten Publikums, welches, von der Schweiz kommend, dort die Grenze passiert und von Feldkirch aus in nördlicher oder südlicher Richtung die Reise fortsetzt. Hier bietet sich der einzige und zugleich kürzeste Weg, um den Arlberg zu erreichen. Mit der Sperrung dieser Strassen, welche von Automobilen befahren werden können, würde den Reisenden ein anderer Weg gewiesen und eine Verlegung der Aufenthaltsorte stattfinden, so dass der Nutzen, den Hotels und andere gewerbliche Betriebe in den Städten Vorarlbergs aus dem Automobilverkehr ziehen, vollständig verloren ginge.

Die Leitung des Verbandes für Fremdenverkehr in Vorarlberg und Liechtenstein gestattet sich daher an die hohe fürstliche liechtenstein'sche Regierung als die gesetzgebende Behörde mit der ergebensten Bitte heranzutreten, bei der Erledigung des bezüglichen Antrages des hohen Landtages den wirtschaftlichen Interessen des benachbarten Landes Vorarlberg und in weiterem Sinne der übrigen österreichischen Länder in entsprechender Weise gütigst Rechnung tragen zu wollen, wofür wir Sie des Dankes aller hier in Frage kommenden Kreise versichern können. [3]

Mit dem Ausdruck der Ergebenheit zeichnen

Verband für Fremdenverkehr in Vorarlberg u. Liechtenstein

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[1] LI LA RE 1909/0560 (Aktenzeichen des Fremdenverkehrsverbandes: No. 153/63). Durchgestrichenes Aktenzeichen der Regierung: ad Z. 389. Eingangsstempel der Regierung vom 23.3.1909. Verweis auf den Bezugsakt 2181/Reg ex 1908. Die Unterschrift des Verbandsvorsitzenden ist unleserlich.
[2] Vgl. das Schreiben des Landtagspräsidenten Albert Schädler an die Regierung vom 21.12.1908 (LI LA RE 1908/2181 (Aktenzeichen: Z. 27/Landtag); LI LA LTA 1908/L13) bzw. das Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung vom selben Tag (LI LA LTA 1908/S04/2).
[3] Vgl. in weiterer Folge den Erlass von Landesverweser Karl von In der Maur an den Finanzwachkommissär in Vaduz, Josef Edelbert Fritz, vom 16.6.1909 (LI LA RE 1909/0389 ad 0560), die Protokolle der öffentlichen Landtagssitzungen vom 16.12.1909 (LI LA LTA 1909/S04/2) und vom 10.12.1910 (LI LA LTA 1910/S04/2) sowie die Verordnung der Regierung vom 17.6.1911 betreffend die Einführung von Taxen für den Automobilverkehr, LGBl. 1911 Nr. 2.