Handschriftliches Schreiben von Lehrer Andreas Heeb, gez. ders., an die Regierung [1]
30.10.1905, Mauren
Hohe fürstliche Regierung!
Am Sonntag den 12. Novbr. d. J wird im Gasthause ["Eintracht"] des Ortsvorstehers [Johann] Gstöhl in Eschen von Nachmittag 2 Uhr angefangen eine öffentliche Versammlung zwecks Gründung eines Stickfachvereins von Liechtenstein abgehalten, zu der Sticker und Interessenten durch Ankündigung in der Zeitung [2] eingeladen werden.
Die Tagesordnung umfasst:
1. Die Beratung der Statuten des zu gründenden Stickfachvereins von Liechtenstein;
2. Wahl der Vereinsleitung, vorbehältlich der Genehmigung der Statuten durch die hohe fürstliche Regierung.
Die Versammlung wird, da die Statuten in ihren Grundzügen den meisten Stickern bekannt sind, spätestens um 5 Uhr nachmittags geschlossen werden. [3]
Dies zeigt hiermit im Auftrage der vorbereitenden Komités an
der hohen fürstl. Regierung
ergebenster
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[1] LI LA RE 1905/1992 ad 1781. Eingangsstempel der Regierung vom 2.11.1905. Gemäss Aktenvermerk vom selben Tag von Landesverweser Karl von In der Maur zur Kenntnis genommen und hievon die Ortsvorstehung Eschen sowie Andreas Heeb verständigt. Mit Regierungsstempel entwertete Stempelmarke zu 10 Heller. – Vgl. schon das Schreiben von Franz Josef Hasler an die Regierung vom 25.9.1905 betreffend die Abhaltung einer Stickerversammlung am 1.10. im Gasthaus „Eintracht“ in Eschen behufs Gründung eines Stickfachvereins und Anstellung eines Wanderlehrers (LI LA RE 1905/1781). – Bereits 1890 hatten sich die liechtensteinischen Sticker als „Stickereisektion Liechtenstein“ organisiert und sich dem schweizerisch-vorarlbergischen Stickereiverband angeschlossen. Unterschiedliche Interessen hatten jedoch 1892 zu Massenaustritten und 1893 zur Verbandsauflösung geführt.
[2] Vgl. L.Vo., Nr. 44, 3.11.1905, S. 4 („Einladung“).
[3] Die Mehrheit der Sticker in Eschen verhielt sich jedoch ablehnend gegenüber dem Projekt und verhinderte dadurch die Vereinskonstituierung (L.Vo., Nr. 51, 22.12.1905, S. 2 („Stickerei-Verkehr“). Vor diesem Hintergrund erklärte es der Landtag in der öffentlichen Sitzung vom 30.12.1905 einstimmig für wünschenswert, dass sich die Sticker Liechtensteins zu einem Fachverein zusammenschlössen und stellte für diesen Zweck sowie für die Anstellung eines Wanderlehrers eine Subvention in Aussicht (LI LA LTA 1905/S04/2; L.Vo., Nr. 2, 12.1.1906, Beilage („Landtagsbericht vom 28. und 30. Dezember 1905“); Schreiben des Landtagspräsidenten Albert Schädler an die Regierung vom 30.12.1905 (LI LA LTA 1905/L10 (Aktenzeichen: Nr. 22/Ldtg.)); LI LA RE 1905/2374). - Zum Subventionsgesuch der Stickereisektion der 1910 gegründeten liechtensteinischen Gewerbegenossenschaft hinsichtlich der Anstellung eines Stickerwanderlehrers vgl. LI LA RE 1912/1241 und LI LA RE 1913/0720.