Hofkanzleidekret[1]
[betr. Abänderung § 180 ABGB][2]
vom 21sten April 1820
an sämmtliche Länderstellen, einverständlich mit der Hofcommission in Justiz-Gesetzsachen
Ein vorgekommener Adoptions-Fall hat den Anlass zur besonderen Erörterung über die zweyfache Frage gegeben:
a) Ob die einseitige Adoption von Seite des einen Ehegatten zulässig sey?
b) Ob in solchen Fällen, wo der adoptierende Theil zwar das gesetzliche Alter erreicht, und keine ehelichen Kinder hat, aber dessen ungeachtet die Wahrscheinlichkeit eigene Kinder zu erhalten, noch (z. B. wegen des jüngeren Alters der Gattinn) vorhanden ist, die Adoption Statt finden könne?
Zur Beseitigung allfälliger Zweifel, und als Richtschnur zur Nachachtung in vorkommenden Fällen, wird hierüber erklärt:
ad a) Dass die einseitige Adoption von Seite des einen Ehegatten allerdings zulässig ist; weil das Gesetz nirgends vorschreibt, dass die Adoption gleichzeitig von beyden Ehegatten erfolgen müsse, und weil der § 755 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, der des Erbrechtes der Wahlkinder erwähnet, sogar ausdrücklich des Falles gedenkt, wo die Annahme ohne Einwilligung des einen Gatten geschehen ist. Eben so genügt es
ad b) nach den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, dass der adoptierende Theil das gesetzliche Alter erreicht habe, und zur Zeit der angesonnenen Adoption keine ehelichen Kinder vorhanden seyen, ohne dass wegen der allfälligen Möglichkeit, noch eigene Kinde zu erhalten, die Adoption verwehret werden kann; weil, obgleich die Absicht der Gesetzgebung vorzüglich dahin ging, die Rechte der eigenen Kinder zu schützen, doch bey der Festsetzung der allgemeinen Bestimmungen hierüber sich nur an das, was nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge geschieht, gehalten, und die möglichen Fälle seltener Ausnahmen nicht berücksichtiget werden konnten.
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