Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein über die Umstände der Zinsgebarung in der Herrschaft Schellenberg und wie man verschiedene Einkünfte verbessern könnte.
Durchleuchtigester fürst. Gnädigester fürst und herr, herr, etc. Bey richtigem eingang dero gnädigsten instruction vernemme gehorsamest, daß zwar ewr hochfürstlich durchlaucht auf die erkauffte fässer 175 fl. bezahlen zue lassen die gnädigste verordnung gethan haben, zue ahnlosung der capitalien aber eine rimessa herauf zue machen sich nit thuen lassete, sonderen wan respectu sollicher anlosung sich der casus eraignete, ich die gelegenheit, waß daß capital außtrage, wie es zue yberkommen, ob genuegsame sicherheit, auch ob der debitor, wellicher, und ob er ein underthan mit nahmen zue benennen were, sothanes capital, cum eo quod interest, künfftigs widerumben zue bezahlen, genugsam solvendo seye, anvor underthänigst berichten und die gnädigste schleinige resolution erwarthen sollte. Sovil nun die instruction belanget, sage allervorderist umb die expodition und thayls darinnen endthalltendes determinirtes salarium underthänigst gehorsamsten danckh. Es will aber die unumbgängliche nothurfft erfordern gegen anhandgebung weitherer gehorsamesten moniten yber einige puncta die verner gnädigeste meinung underthänigst einzuehollen. Die anloßung der capitalien betreffendt, / so begibt sich der casus ex inopinato zueweylen täglich, zueweylen rar. Und wollen ewer hochfürstlich durchlaucht vorhin gnädigest versicheret sein, dass 1. keine andere, allß dero aignen underthanen capitalien anzuelößen rathen konne. 2. keines angelöst, oder die anloßung beschlossen werde, ehebevor dem landtsgebrauch nach der landamman und andere daß underpfand ut terminus donat, erdauret, auch ob solliches in duplo vel quasi dem capital respondiere, man es examiniert und den ahnlößer sichergestellt habe. 3. kan man secundum circumstantias gemeniglich 100 fl. capital umb 90 auch 92 fl., oder da die hypothec wegen auf und abschlag der güether pro diversitate temporum, daß duplum nit völlig ersteigen mag, wohl gahr zueweylen umb 4, 5 oder 86 fl. erhandlen. Gnädigester herr, mir ist nit allein umb ewr hochfürstlich durchlaucht in sothanen daß capital bey 8, 10, 12 und mehrern gulden nit besteigendten anloßungen verborgenes interesse zue thuen, sonderen daß zuemahlen alsdan die arme underthanen ihres gewisen und unverenderlichen zünßherren – et in effectu sich sowohl frembder gerichten sicher wüssten, allß vorderist ewr hochfürstlich durchlaucht in casum unervollgendter ordendtlicher zünßung den gerechtesten weeg, durch app[re]hendierung der underpfanden mehrere lehen und ewige güllten zue stifften vor sich hetten. Posito es würde mir obyciert, similem in casum unzueläsig a--und schädlich--[a] zue sein, einen temporal ablösigen zünß zue perpetuisieren, und der perpetuisierung halber / s. q. 5 fl. in id, quod nunq est, nemlichen 3 ½ oder 4 fl. abzuesetzen. Ich gibe mit ia auch die andtworth. Dabey aber gnädigst zue considerieren, daß ad exemplum 100 fl. capital bloß mit etwellichen 80 biß ad sumum 92 fl. angelöst, und man gleichwohlen gegen sollicher anlosung (wo einen respectu der außläg auch etwa nit mehr als 4, 4 ¼, 4 ½ fl. oder dergleichen gebührete) 5 fl. beziehe, und eben dißer bezug daßjenige compensiere, waß durch eine verewigung von billigkheits wegen pro canone münder müsste angesetzt werden. Zünßete dan der debitor daß capitall in suo vigore ordendtlich fort, so stehe ich darfür, daß ewr hochfürstlich durchlaucht mit allezeith 90 fl. ein capital von 100 fl. reparieren und an sich bringen, consequenter 5 ½ pro cento haben können. Die affair aber an sich selbsten ist so beschaffen, daß sye ville bericht und befelchß erhollungen nit erwarthet, sonderen so zue sagen im flug erschnappt sein will. Ewr hochfürstlich durchlaucht laßen nur mit 2 in 3.000 fl. eine unmaßgäblicheste prob machen, wan alsdan dieselbe nit einen notablen nutzen und meine underthänigste threwe dabey spiren, so will ichs vel in cute vel in ære büeßen. Ob wegen deß gefürsteten gotteshaus Einsidlen dem herrn von Heinisch zue bezahlung deß Rennischen Hoffs 1.800 fl. gnädigst angeschafft oder difficultiert werden wollen, muß ich dero gnädigste resolution in aller tüefester submission mir nachmahlen underthänigst außbetten. Umb nit allein den gegnerischen unglimpff von mir abzuewältzen, sondern allenfahlß nach einem lehenman umbzuesehen. Die defectus urbarii und bericht / yber den Wintzierlischen eventual hofskauff werden indeßen wohl eingangen sein, in diser gehorsamsten zuversicht zue hochfürstlichen hulden und gnaden mich underthänigst empfehlendte. Ewr hochfürstlich durchlauchtigkeit. Feldtkirch, den 23. Novembris 1699. Underthänigster, threw, gehorsamster diener. Johann Franz Paur, manu propria. / [Rubrum] Præsentatum, den 15. Decembris 1699. Schellenbergischer verwalter notificiret circumstantia bey anlösung ein und anderer capitalien, item wegen deß Rennisch- und Winzierlischen hofkaufs. [Adresse] Dem durchleuchtigesten fürsten und herren, herrn Johann Adam Andreaß, deß Heiligen Römischen Reichß fürsten und regiereren deß haußes Lichtenstein von Nickholspurg, in Schlesien hertzog zue Troppaw und Jägerndorff, rittern deß Guldenen Flüsses, der römisch kayserlichen mayestät wirkhlichen geheimen rath und cammeren, etc. Ihro durchlaucht, meinem gnädigsten herrn. Feldsperg per Wienn.[b]
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Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127. Adam Ignaz Edler von Heünisch war als Reichshofratsagent 1698 im Hofkalender erwähnt. Vgl. Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Sig. 544.720-A.Alt-1698. Der Weinzierl(er)hof (†) in Mauren war bis ca. 1700 im Besitz von Balthasar Weinzierl, Stadtdiener in Feldkirch, und bis Ende des 18. Jahrhunderts in herrschaftlichem Besitz. Vgl. Johann Franz Paur [Bauer] berichtet Fürst Johann Adam von Liechtenstein über die Güter von Bürgern aus Feldkirch in der Herrschaft Schellenberg. Ausf. Feldkirch 1699 Juli 6, SL-HA, H 2609, unfol.; Joseph Ospelt, Zur liechtensteinischen Verfassungsgeschichte, in: Jahrbuch des Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (JBL) 37, Vaduz 1937, S. 5–50; hier: S. 32; Josef Schuppler, Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler aus dem Jahre 1815, in: JBL 75, Vaduz 1975, S. 189–462; hier: S. 275, 318, 371; Fabian Frommelt, Mauren, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 2, S. 599. Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72. Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005. Leopold I. (9. Juni 1640–5. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003. Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).
[a]--aNachtrag am linken Rand. [b]Über der Adresse ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.
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