Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein schreibt seinem Amtmann Johann Franz Paur [Bauer], dass er sich nicht mehr für den Kauf der Pfandherrschaft Neuburg interressiert. Wohin die Bürger Feldkirchs zukünftig ihre Steuern für ihre Besitzungen in der Herrschaft Schellenberg bezahlen werden, macht der Fürst von einer kaiserlichen Entscheidung abhängig. Von den ehemaligen herrschaftlichen Gütern, die derzeit im Besitz von Untertanen befinden [defectum urbarii], meint der Fürst, werden nicht alle zurück zuerlangen sein. Was die alt hergebrachten Rechte auf Wehrholz aus dem Buchwald betrifft, so soll diese Angelegenheit noch genauer geprüft werden. Außerdem soll Paur die Untertanen beraten und kontrollieren, dass und wie diese sich von Graubündner Kreditgebern loskaufen können.
An schellenbergischen verwalter. Ewer gehorsambe relationes von 6. und 10. currentis haben uns gehorsamst referieren laßen. So vill es die an-uns-lösung der pfandsherrschafft Newburg am Rhein scheint nit vorträglich zu sein, sich einzulaßen, zumahlen solches des haus Österreich collectiert, a--welches ius collectandi nit zu erhalten--[a], also pro sessione et voto in imperio nichts dienen würde. Wohl aber wird dahin zu gendenkhen sein, damit diejenige gründ und gütter, so die feltkirchische bürger und andere frembde[b] in unßere herrschafft Schellenberg besitzen und vermög eines sogenandten montfortischen privilegii von der collectation in loco rei situ exempt sein wollen, sondern bey der statt Feltkirch versteyren, wird c--nach und nach zu unserer daselbigen--[c] herrschaft gebracht und allda, wo sie gelegen, collectiert werden, und weillen diese quæstion, ob nemblichen die besitzere nicht schuldig bey der herrschafft Schellenberg d--sothane gründe--[d] zu versteyern an der kayserlichen decision hanget, alß werdet ihr bey (titel) / ihr liebenden herrn abbten zu Kempten, öffter instanze--unßern nahmen--[e] machen, damit selbste von obhabenden kayserlicher administrations-commissions wegen auf die kayserliche allergnädigste declaration tringen und ein nachricht einhollen, ob nemblichen sie, bürger, alleinig, oder die statt respectu ihre bürger in der herrschafft Schellenberg das ius collectandi de stylo et praxi imperii hergebracht et coniuratim zu exerciren haben. f--Nicht weniger wegen der haubtquittung über die bezahlte 115.000 fl. kauffschilling und der überigen creditoren particular-quittung nachmahlen erinnern.--[f] Weillen auß den eingeschickten kauffbrieffen über die 2 gehöltz, alß aufn Herrnbüchl und der buechwald aufn Gantenstein zu Eschen, das solche noch der fideicommittens graff Caspar von Hohenembs selbsten anno 1617 und 27 denen g--unterthanen kaufflichen überlaßen--[g], das fideicommissum aber anno 1626 den 16. Martii aufgerichtet worden, bißhero auch quieta possessionesein. Alß werde solche 2 stückh schwere oder gar nicht zurückh zu bringen sein, eine fast gleiche beschaffenheit hat es mit denen Hennboden und Ochsenbergen, weillen sie, unter- / thaner, inmemoriatem et quietissimam possessionem vorschützen. Die h--ewren bericht nach schon gantz außgehauene--[h] lehenwälder ob Schellenberg, aufm Breithen Büchl und der in der Krazerei--sein alle 3 stückh--[i] bey künfftige belehnung zurückhgenohmen, zu unßern handen zu hägen und niemanden darinn holtz holen laßen. j--Wegen des kayserlichen landgerichts, welches von so ohnerfahrnen assessoribus und ganz gemeinen handwerckhenleuth adversam der fürst- und immediaten ständen dess Schwäbischen Creyß administriret wirdt, wäre freylig zu wünschen, das wür unsere underthanen davon eximiren kündten, ich besorge aber, das ex parte Österreich, alß anlass seine iurisdiction vielmehres zu dilatirn suchet, darein nie mahlens eviction gewilliget werden, auch um den unterthanen deß Bregentzer Wald districts sich ad hunc casum nit argumentirn last, dann dieselbe, abundans sie um der landgrenzlichen iurisdiction eximiert, danen allzeit sub iurisdictione austriaca verblieben, da hingegen wann unsere unterthanen um diesen landgericht ein mahl eximirt wären, Österreich über uns völlig die iurisdiction verlofen--[j] / haben würde. Könnet ihr also durch das nachst ahngeschlagene landgerichten zu [R]ankweyl einige vorschlag mitteln, wie solche exemption facilitiret werden künte, in erfahrung bringen, so sollet ihr solche auff das eheste uns berichten. Was in übrigen die 40 stückh wehrholz, so die unterthanen zu reparierung deß währs prætendirn, auch das solche alljährlich von der herrschafft abgefolget werden, vorschützen thun, ist zwar unser meinung und befelch, das ihr solche 40 stückh für diesmahlen abfolgen laßen sollet, ihr sollet euch aber auch ahnbey gründtlich informiren, ob die abvolgung dises holtzes nuhr ein gratuitum und precarium, alß anlass nach allenfalls revocable ist, oder ob es für die unterthanen ein stabilirtes ius, welches letzen ain umb so weniger glauben könne, alß wir aus den sub 15. Aprilis des 1641 jahrs über den verkaufften buechwald uff den Gantenstain mit der gemeind auffgerichten kauffcontract ersehen, das diesen wald um der herrschafft der gemeinde allein zu den gemainen wüehren gebrauchen verkauffet worden ist, solchemnach wir nit glaub, das auch über dises die herrschafft einiges holtz der gemeinde jährlich abfolgen zu laßen schuldig seye. Schliesslichen diejenige capitalien, ahnbelangent, so die Büntner in dem schellenbergischen territorio haben. Ist darahn gar wohl geschehen, das ihr trachtet durch morose bezahlung der debitorii diese gefährliche nachtbahrn also müed zu machen, das sie diese, ihre activ schulden, sich aus handen lösen zu laßen gesinnet werden, und sollet ihr fleißig darinnen […], auch uns derentwegen allzeit den förderlichen bericht erstatten, absonderlich aber ist dahin, quovis modo zu trachten und zu præcuriren, das diese Bündtner sub prætextu dieses creditwerkhs über unsere unterthanen k--alß anleihe weder quo ad personam sich rare sub rei sitæ ihr nit in geringsten unterworfen--[k] nit die geringste iurisdiction exercirn, auch dahin ad comparendum iudicialiater dorthin sollten citiert werden, ihr auff kein weis die comparation gestatten sollet, erlasse ein euch dann auf eure gehorsamste bericht, etc., Wienn, den 8. Augusti 1699. Nowac, manu propria.
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Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72. Liebden = schriftliche und mündliche Anrede unter Fürsten (hohen Adeligen). Rupert von Bodman (1646–1728) war von 1678 bis 1728 Fürstabt von Kempten und ab 1681 kaiserlicher Verwalter von Vaduz und Schellenberg. Vgl. Otto Seger, Rupert von Bodman, Fürstabt von Kempten, in seinem Wirken für unser Land. In: Jahrbuch des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Vaduz 1978; Paul Vogt, Der 18. Januar 1699 – Wendepunkt in unserer Geschichte? In: Jahrbuch des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Vaduz 1999. Das Familienfideikommiss ist eine Form der Familienstiftung, wodurch das Vermögen einer Familie auf ewig geschlossen erhalten werden sollte und immer nur ein Familienmitglied allein, der Fideikommissbesitzer, das Nießbrauchsrecht innehat. Vgl. William Lewis, Das Recht des Familienfideikommisses. Weidmann, Berlin 1868 (Neudruck: Scientia-Verlag, Aalen 1969). Kaspar Graf von Hohenems (1. März 1573–10. September 1640) war der Sohn von Graf Jakob Hannibal I. von Hohenems (1530–1587) und Hortensia Borromea (1565–1578). Er war in 1. Ehe verh. mit Eleonora Philippina, Freiin zu Welsperg und Primör (1573–1613) und in 2. Ehe mit Anna Amalia Gräfin von Sulz (1614–1658), Tochter von Karl Ludwig Graf von Sulz (1572–1617), von dem er 1613 die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg kaufte. Vgl. Joseph Bergmann, Die Reichsgrafen von und zu Hohenembs in Vorarlberg. Dargestellt und beleuchtet in den Ereignissen ihrer Zeit, vom Jahre 1560 bis zu ihrem Erlöschen 1759. Mit Rücksicht auf die weiblichen Nachkommen beider Linien von 1759–1860, Wien 1860, S. 111; Ludwig Welti, Graf Kaspar von Hohenems 1573–1640: ein adeliges Leben im Zwiespalte zwischen friedlichem Kulturideal und rauer Kriegswirklichkeit im Frühbarock. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 1963. Der Schwäbische Kreis war einer von 10 Reichskreisen des Heiligen Römischen Reichs, zu dem auch die Graf- und Herrschaften Vaduz und Schellenberg gehörten. Vgl. Winfried Dotzauer, die deutschen Reichskreise (1383–1806). Geschichte und Aktenedition, Stuttgart 1998. Unbekannte Kanzlist in Vertretung für Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.
[a]--a Nachtrag in der linken Spalte. [b]Nachtrag in der linken Spalte. [c]--cNachtrag in der linken Spalte. [d]--dNachtrag in der linken Spalte. [e]--eNachtrag in der linken Spalte. [f]--fNachtrag in der linken Spalte. [g]--gNachtrag in der linken Spalte. [h]--hNachtrag in der linken Spalte. [i]--iNachtrag in der linken Spalte. [j]--jNachtrag in der linken Spalte. [k]--kNachtrag in der linken Spalte.
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