Aussendung eines nicht näher bezeichneten Hilfskomitees, gez. Peter Oswald Bast, Kooperator und Pfarrprovisor in Triesen, im "Liechtensteiner Volksblatt" [1]
28.3.1913
Aufruf!
Ein trauriges Osterfest war der Gemeinde Triesen in diesem Jahre beschieden. Eine gewaltige Feuersbrunst begünstigt und mächtig gefördert von einem starken Föhnwind legte in der Nacht vom Karsamstag auf Ostersonntag [2] 17 Wohnhäuser und ebenso viele Ställe innerhalb weniger Stunden in Schutt und Asche. Nicht weniger als 24 Parteien sind bei diesem Brande zu Schaden gekommen und dazu durchweg arme, bitterarme Leute, die so in 2 bis 3 Stunden ihr weniges Hab und Gut verloren. [3] Die Mehrzahl dieser Familien konnte nur das nackte Leben retten. Der Schaden ist auch bei denen, die ihr Gut versichert hatten, enorm gross, da die Häuser, zumeist aus Holz aufgeführt, eine genügende Versicherung einzugehen, nicht gestatten. [4] Ein grosses Elend herrscht somit in dieser Gemeinde, die sowieso nicht zu den wohlhabenderen des Landes gehört. Nur mit viel Mühe und Not gelang es, die betreffenden Familien bei anderen Familien notdürftig unterzubringen. Dazu kein Bett, keine Kleidung, keine Nahrung – kein Futter für das Vieh. Hier ist schnelle Hilfe sehr am Platze. Die Gemeinde Triesen tut ihr Möglichstes, um die Not zu lindern. Allein auch nur der ersten Not aus eigenen Mitteln zu steuern, ist der Gemeinde unmöglich. Deshalb ergeht durch diese Zeilen ein Aufruf an die ganze mitleidige Welt um milde Gaben, sei es an Geld, an Kleidungsstücken und was es immer Brauchbares sein mag. Im voraus allen edlen Wohltätern von den schwer geprüften Familien und namentlich von einer grossen Schaar armer Kinderseelen, die weinend um ein Stücklein Brot betteln – ein herzliches "Vergelts Gott". Milde Gaben in Geld sind zu richten an Herrn Lehrer [Georg] Minst, an Naturalien an Herrn Lehrer [Johann] Meier. – Die Gaben werden auf Wunsch veröffentlicht. [5]
Für das Komitee:
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[1] L.Vo., Nr. 13, 28.3.1913, S. 1. Vgl. die Berichterstattung in derselben Zeitungsnummer (ebd., S.1-2 ("Grosses Brandunglück"). Vgl. LI LA PfAT A 36/289. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass Peter Oswald Bast kurz darauf – am 6.4.1913 – von der Triesner Gemeindeversammlung in Ausübung des der Gemeinde zustehenden Präsentationsrechtes auf die dortige Pfarrpfründe gewählt wurde (vgl. L.Vo., Nr. 15, 11.4.1913, S. 1 ("Pfarrerwahl"). Am 13.4.1913 erfolgte dann die Ernennung und die Amtseinsetzung als Pfarrer von Triesen. Vgl. auch den Grossbrand in Vaduz (Altenbach) im Jahre 1907 (Vorarlberger Landes-Zeitung, Nr. 245, 24.10.1907, S. 3 ("Zum Brand in Vaduz")).
[2] Es handelte sich um die Nacht vom 22. auf den 23.3.1913.
[3] Insgesamt fielen dem Brand, der in einem Anbau zum Stall des Johann Lampert seinen Ausgang nahm, 17 Wohnhäuser sowie das Vereinshaus der Marianischen Kongregation, 16 Ställe sowie 7 Stück Vieh und 2 Schweine zum Opfer (vgl. L.Vo., Nr. 18, 28.3.1913, S. 1-2 ("Grosses Brandunglück")).
[4] Im Begleitschreiben von Lokalagent Anton Real zur Schadensanzeige an den Tiroler Landesausschuss bzw. die Tiroler Landes-Brandschadenversicherungsanstalt in Innsbruck vom 24.3.1913 ist von 4 Totalschäden und 5 Teilschäden an Mobilien die Rede (LI LA RE 1913/0977 ad 0037). Der Tiroler Landesausschuss teilte der liechtensteinischen Regierung am 9.4.1913 mit, dass die tirolischen Landeskassa den (versicherten) Brandgeschädigten im Wege der liechtensteinischen Regierung 12'978 Kronen aus dem Gebäude-Brandversicherungsfonds und 3497 Kronen aus dem Mobilienbrandversicherungsfonds auszahlen werde (LI LA RE 1913/1195 ad 0037 (Aktenzeichen des Tiroler Landesausschusses: Zl. 1304/Ass/3)).
[5] Fürst Johann II. spendete 2000 Kronen für die Brandgeschädigten in Triesen. Dieser Betrag wurde von der fürstlichen Regierung im Einvernehmen mit der Triesner Gemeindevorstehung und dem Hilfskomitee in Triesen verteilt (L.Vo., Nr. 16, 18.4.1913, S. 1 ("Fürstliche Spende")).