[Taxordnung für gerichtliche Handlungen][1]
vom 22. Februar 1859
Wir Johann von Gottes Gnaden souverainer Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein, Herzog zu Troppau und Jägerndorf, Graf zu Rietberg etc. etc.
Zur Regulierung des Taxwesens in Unserem souverainen Fürstenthume haben Wir aus Anlass der Einführung der neuen Währung eine Revision der bisher bestandenen Taxnormen vornehmen lassen und verordnen sofort wie folgt:
I. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen.
§ 1
Vom 1. Jänner 1859 sind die Taxen ohne Ausnahme und ohne Unterschied der Personen nach keiner anderen Bestimmung oder Richtschnur, als nach der gegenwärtigen allgemeinen Taxordnung abzunehmen. Von demselben Tage angefangen treten daher die bis jetzt für Streitsachen und Geschäften des adelichen Richteramtes bestandenen Taxnormen ausser Wirksamkeit.
§ 2
Die Taxe hat jene Partei zu entrichten, auf deren Anlangen die der Taxe unterliegende richterliche Erledigung, Verfügung, Zustellung oder das sonstige gerichtliche Einschreiten geschieht. Nur die für die Inrotulierung der Acten und das Urtheil bestimmte Taxe haben beide Theile zugleich zu entrichten.
§ 3
Wegen unterlassener Taxberichtigung ist keine richterliche Verfügung, Erledigung oder Zustellung zurückzubehalten, sondern die Tax ist einstweilen vorzumerken, unter Einem mittelst Abgabe der Taxnote abzufordern, und wenn sie binnen acht Tagen nicht erlegt wird, im Wege der Execution nach dem Patente vom 29. August 1832 einzubringen. Advocaten oder sonstige Vertreter der Parteien haben für die richtige Abfuhr der Taxen zu haften.
§ 4
Von allen Taxen sind diejenigen frei zu lassen, die ihre Armuth durch obrigkeitliches Zeugnis oder auf andere rechtliche Art darthun; im Falle jedoch eine solche mittellose Partei mit einer vermöglichen streitet, sind die Taxen vorzumerken, damit sie auf den Fall, als der vermögliche Theil in den Ersatz der Gerichtskosten verfällt werden sollte, von diesem herein gebracht werden können. Dasselbe Vorrecht geniesst im Concurs-Prozesse der Massavertreter und der Vermögensverwalter. Doch sollen die Gläubiger die ungegründeten Forderungen bei dem Concurse angemeldet haben, und daher in den Ersatz der Kosten verfällt werden, auch alle diejenigen Taxen abzuführen schuldig sein, welche der Massavertreter, wenn er nicht Taxfreiheit genösse, zu bezahlen gehabt hätte, weswegen sie inzwischen anzumerken sind.
§ 5
Bei Inventuren, Lizitationen, Beaugenscheinigungen und anderen Kommissionen, wo die Gerichtspersonen die in dieser Taxordnung bemessenen Taggelder anzusprechen haben, sind diese nur von denjenigen Individuen, u. z. nach der von ihnen bekleideten Stelle zu beziehen, welche bei dem Gerichtsacte wirklich erscheinen.
Wird zu einem solchen Geschäfte kein ganzer Tag erfordert, so gebührt auch nur die Hälfte der charactermässigen Taggelder.
§ 6
Zur Sicherheit der Controlle über das Taxwesen sind die der Tax unterliegenden Gegenstände, und der für solche ausgemessene Betrag, sowohl in dem Exhibiten-Protokoll bei der Erledigung, als auf den Conceptbögen und den an die Parteien hinausgehenden, der Taxe unterliegenden Stücken anzumerken, auch sind besondere Taxregister nach den Formalien I. II. III. zu führen, in welche die gebührenden und eingehenden Taxen einzutragen sind, die sohin zur Grundlage der eingehenden jährlichen Taxverrechnung zu dienen haben.
§ 7
Das Regierungsamt ist dafür verantwortlich, dass von Niemanden andere als in dieser allgemeinen Taxordnung ausgemessenen Taxen und Gebühren abgefordert oder bezogen werden.
Wenn sich Jemand wegen aufgerechneten Taxen beschwert glaubt, muss die Beschwerde entweder schriftlich oder mündlich innerhalb acht Tagen von der Zustellung an bei dem fürstlichen Regierungsamte angebracht werden.
Gegen diese Entscheidung des Regierungsamtes ist der Rekurs an die fürstliche Hofkanzlei binnen acht Tagen von der Zustellung an schriftlich oder mündlich bei dem Regierungsamte einzubringen.
§ 8
Das Regierungsamte hat drauf zu sehen, dass die Taxen zu der Landescassa oder dem besonders bestimmten Fonde abgeführt und verrechnet werden.
II. Abschnitt.
Taxansätze.
fl. kr.
Für die Aufnahme eines gerichtlichen Protokolles- - 15
Für jeden Bescheid über ein Anbringen der Parteien- - 10
Für die Zustandebringung eines gerichtlichen Vergleichs oder für eine
gerichtliche Behandlung der Gläubiger - 25
Für die Ratification eines ortsgerichtlichen Vergleich4s, so wie für obervor-
mundschaftliche und oberkuratorische Genehmigung eines Rechtsgeschäftes - 25
Für die Inrotulierung der Acten von beiden Theilen zusammen - 50
Für ein Contumaz-Urtheil von beiden Theilen zusammen 1 -
Für ein Beiurtheil von beiden Theilen zusammen 3 -
Für ein Endurtheil von beiden Theilen zusammen 6 -
Für ein Urtheil höheren Richters ist eben dieselbe Taxe zu entrichten, welcher das
Urtheil des ersten Richters unterliegt.
Für ein Urtheil höheren Richters, wodurch jenes des ersten Richters
bestätigt wird, ist das Doppelte dessen zu bezahlen, was für das
Urtheil des untern Richters bezahlt wurde.
Für das Klassifikationsurtheil in Konkursfällen 3 -
Für Auszüge hievon an die Gläubiger ist nur die Schreibgebühr zu entrichten.
Für die Aufnahme eines Eides 1 -
Für jedes Einschreiten eines Gerichtsabgeordneten in- oder ausserhalb
des Amtsortes 1 45
Für die Ausfertigung eines Ediktes ohne Rücksicht, ob dasselbe nur an
einem oder an mehreren Orten angeschlagen wird - 15
Für ein Decret - 15
Für die Anlegung und Abnahme der Sperre 1 45
Für die Publizirung eines Testaments, Codicills oder Vertrages - 65
Für die Aufnahme der Inventur 1 45
Für die Aufnahme und Erledigung der Erbserklärung - 15
Für die Ausstellung der Urkunde - 25
Für einen Grundbuchs-Extrat - 45
Für ein Ersuch- oder Antwortschreiben, wenn es sich nicht bloss um
Zustellung eines Bescheides oder um Taxeinbringung, sondern um
Vornahme eines gerichtlichen Aktes z.B. Zeugenverhör u.s.w. handelt - 45
Für Depositirung von baarem Gelde, Gold, Silber, Prätiosen, öffentlichen
oder Privatobligationen und Wechseln von jedem Gulden - 1
Für die Bewilligung eines Gesuches - 15
Für jede gerichtliche Verordnung - 15
Für die Zustellung einer gerichtlichen Verfügung im Gerichtsbezirke - 10
Ausser dem Gerichtsbezirke sind die Zustellungen durch die Post oder nach der
bisherigen Beobachtung und den Lokalverhältnissen zu besorgen.
Für die Anschlagung und Abnahme des Ediktes dem Gerichtsdiener
für jeden Akt - 10
dem Gerichtsvollzieher für Einen Tag 1 -
dem Gehülfen bei der Pfändung für Einen Tag - 70
dem Schätzmann für einen jeden aufgewendeten Tag 1 -
dem Ausrufer ebenso für Einen Tag - 70
In den Fällen, wo eine Gerichtsperson bei Beaugenscheinigungen,
Zeugenvernahme, Anlegung und Abnahme der Sperre, Inventursaufnahme,
Beschreibung, Schätzung oder Feilbietung eines Gutes ausser dem Amtsorte
einschreitet, gebühren derselben für jeden Tag die charaktermässigen Diäten,
u. z. dem Amtsvorstande 4 -
dem Regierungs-Adjunkten und Grundbuchsführer 2 -
dem Aktuar oder Amtsschreiber 1 30
dem Kanzlisten 1 -
Ausser dem gebührt dem Amtsabgeordneten die Vergütung der
Fahrtgelegenheit.
Wenn es sich nicht um Bestimmung des Werthes einer Sache, sondern um
die Beurtheilung durch Kunstverständige handelt, und die Partheien mit
denselben sich über die Belohnung nicht einverstehen, hat diese der Richter
über Vernehmung des einen und des anderen Theiles nach Beschaffenheit
der angewandten Mühe und Kunst mit Rücksicht auf den Stand des
Kunstverständigen zu bestimmen. Dasselbe gilt von den Gebühren der
Schiedsrichter.
Die Zeugengebühren werden nach § 167 der Gerichtsordnung in
ähnlicher Weise bestimmt.
Für jede Abschrift, welche die Partei verlangt, wie auch für jeden
Protokollsauszug sind an Schreibgebühr zu bezahlen vom Bogen - 30
Wenn die Abschrift oder der Auszug keinen ganzen Bogen beträgt - 15
Die Abschriftsgebühr bei Ausfertigung richtet sich in gleicher
Weise nach Massgabe der Schreiberei.
Die Partheien sind durch unnöthige Weitläufigkeit nicht zu beschweren.
Für die Vidimirung oder Legalisirung einer Urkunde vom Bogen - 30
Wenn diese keinen ganzen Bogen beträgt - 15
Abschriften und Vidimirungen zum Amtsgebrauche des Gerichtes selbst
sind von Amtswegen zu machen.
Für die Hinausgabe richterlicher Entscheidungsgründe ist nur die
Schreibgebühr nach dem Ausmasse von Nr. 36 zu entrichten.
Bei grundbücherlichen Besitzumschreibungen ist eine besondere
Taxe nach Massgabe des in der Urkunde ausgedrückten
Realitätenwerthes, wie folgt abzunehmen:
von Einem Gulden bis 10 Gulden - 25
von 10 Gulden bis 25 Gulden - 35
von 25 Gulden bis 50 Gulden - 60
von 50 Gulden bis 100 Gulden - 80
von 100 Gulden bis 200 Gulden 1 15
von 200 Gulden bis 400 Gulden 1 60
von 400 Gulden bis 500 Gulden 2 15
von 500 Gulden bis 1000 Gulden 2 60
von 1000 Gulden bis 1200 Gulden 3 15
und über 1200 Gulden von jedem weitern 100fl. Einen Gulden.
Ist der Realitätenwerth in einer Urkunde zweifelhaft, oder gar nicht
angegeben oder aus anderen Behelfen nicht ersichtlich, so wird eine
gerichtliche Schätzung zur Taxbemessung vorgenommen.
Bei Tauschverträgen ist als Werth die Hälfte des Werthes der
beiderseitigen Sachen, insoweit sie gegenseitig eingetauscht werden,
und der Betrag der allenfälligen Daraufzahlung anzusehen.
Für die Intabulation und Löschung einer Forderung, oder einer
anderen Verbindlichkeit ist folgende besondere Taxe zu entrichten:
von Einem Gulden bis 10 Gulden - 15
von 10 Gulden bis 50 Gulden - 30
von 50 Gulden bis 100 Gulden - 45
von 100 Gulden bis 150 Gulden - 60
von 150 Gulden bis 200 Gulden - 75
von 200 Gulden bis 400 Gulden 1 15
von 400 Gulden bis 500 Gulden 1 30
von 500 Gulden bis 1000 Gulden 1 75
und über 1000 Gulden von jedem weitern 100fl. zwanzig Kreuzer.
Verbindlichkeiten und Leistungen, deren Werth nicht bestimmt
ist, sind abzuschätzen und nach dem Schätzungswerth zu taxiren.
Grundbuchsgegenstände, deren Werth Einen Gulden nicht erreicht,
sind von den sub Nr. 40 und 41 festgesetzten, jedoch nicht auch
von den anderen Taxen frei.
Für Erbschaftsabtheilung ist nachstehende besondere Taxe
vom reinen Massavermögen anzurechnen, u.z.:
a) Wenn der Nachlass auf Verwandte in auf- und absteigender Linie fällt:
von 200 Gulden bis 300 Gulden - 50
von 300 Gulden bis 500 Gulden 1 -
von 500 Gulden bis 1000 Gulden 2 -
von 1000 Gulden bis 1500 Gulden 3 -
von 1500 Gulden bis 2000 Gulden 4 -
von 2000 Gulden bis 4000 Gulden 5 -
von 4000 Gulden bis 6000 Gulden 6 -
von 6000 Gulden bis 8000 Gulden 7 -
von 8000 Gulden bis 10000 Gulden 8 -
von 10000 Gulden bis 20000 Gulden 12 -
und über 20000 Gulden von jedem weitern 500 Gulden einen Gulden.
b) Wenn die Erbschaft auf Seitenverwandte oder Fremde übergeht,
ist das Doppelte dieser Taxe zu entrichten.
Die gleiche Taxe, wie sub §42 ist auch für die Einantwortung einer
Erbschaft zu entrichten.
Als Beitrag zum landschaftlichen Schul- und Armenfonde wird
halbscheidig weiter folgende Taxe vom reinen Nachlassvermögen bestimmt:
a) Wenn der Nachlass auf Verwandte in auf- und absteigender Linie fällt:
von 200 Gulden bis 300 Gulden 1 -
von 300 Gulden bis 500 Gulden 2 -
von 500 Gulden bis 1000 Gulden 4 -
von 1000 Gulden bis 1500 Gulden 6 -
von 1500 Gulden bis 2000 Gulden 8 -
von 2000 Gulden bis 4000 Gulden 10 -
von 4000 Gulden bis 6000 Gulden 12 -
von 6000 Gulden bis 8000 Gulden 14 -
von 8000 Gulden bis 10000 Gulden 16 -
von 10000 Gulden bis 20000 Gulden 24 -
und über 20000 Gulden von jedem weitern 500 Gulden einen Gulden.
b) Wenn die Erbschaft auf Seitenverwandte oder Fremde fällt ist
das Doppelte dieser Taxe zu entrichten.
Verlassenschaften unter 200 fl. sind von den sub Nr. 42 und 43 bestimmten, jedoch nicht von den anderen Taxen frei, wenn das Vermögen 10 fl. übersteigt.
Bei Fällen überwiesener Verheimlichung eines Verlassenschafts-Vermögens oder eines Theiles desselben, aus was immer für einer Absicht findet eine strafweise Erhöhung von 100 Procent der ganzen Verlassenschaftstaxe an den Verheimlicher statt.
Bei offenbar zu niedern Schätzungen eines Erbschafts-Vermögens findet eine zweite Schätzung statt, und es tragen die Schätzleute solcher offenbar zu niedern Schätzungen den Ersatz jenes Betreffnisses, welches bei gehöriger gewissenhafter Werthung die Massa als mehr entfallenen Beitrag sonst zu entrichten gehabt hätte, so wie die Kosten der zweiten Wertherhebung.
Eine derlei zweite Schätzung muss aber durch einstimmigen Beschluss dreier Schätzleute festgestellt worden sein.
Wien, am 22. Februar 1859.
Im Namen Seiner Durchlaucht
Franziska Fürstin von Liechtenstein, geborne Gräfin Kinsky.
L.S.
Franz Strak, Wirtschaftsrath