Maschinenschriftliches Schreiben des Polizeibüros des Kantons Graubünden, gez. J. Donau, an die liechtensteinische Regierung [1]
27.10.1915, Chur
Der Schweiz. Bundesrat forderte die Kantonsregierungen mit Circular auf, für schärfere Passvorschriften an der Grenze besorgt zu sein. [2] Im Einverständnis mit den Militär- & Zollbehörden wurden von unserm Departement auf der ganzen Grenze gegen das Ausland schärfere Vorschriften erlassen. [3] Wir geben Ihnen die Verfügungen bekannt, soweit es sich um die Grenzposten zwischen Liechtenstein und Graubünden handelt, damit die dortigen Einwohner durch Sie in Kenntnis gesetzt werden können. [4]
Der Eintritt dem Fläscherberg-Rhein entlang ist gänzlich untersagt. Der Eintritt über den Luziensteig wird nur gegen Vorweis eines speziellen Reisepasses gestattet [5], siehe beiliegende Instruktion. [6] Der Verkehr über die St. Luziensteig von abends 10 Uhr bis morgens 5 Uhr ist gänzlich unterbrochen.
Hochachtend
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[1] LI LA RE 1915/3700 ad 0218. Briefkopf und Stempel des Polizeibüros des Kantons Graubünden. Wappen des Kantons Graubünden. Irrtümlicherweise an die Regierung von „Lichtensteig" adressiert. Das Schreiben langte am 29.10.1915 bei der liechtensteinischen Regierung ein.
[2] Vgl. in diesem Zusammenhang die Kundmachung im „Liechtensteiner Volksblatt" vom August 1914, wonach die Schweizer Armee die Grenzübergänge gegen Liechtenstein während der Nachtstunden gesperrt hatte (L.Vo., Nr. 35, 29.8.1914, S. 4 („Grenzbesetzung 1914")).
[3] Die „Instruktion über Passvorschriften an der Grenze" des kantonalen Polizeibüros in Chur vom 25.10.1915 wurde der liechtensteinischen Regierung mit Schreiben vom 4.11.1915 zugesandt (LI LA RE 1915/3830 ad 0218/3700): Jede Person, die vom Ausland her in den Kanton Graubünden eintrat, hatte im Besitz eines gültigen Reisepasses zu sein. Dieser hatte u.a. das Visum des betreffenden Konsulates bzw. des betreffenden Landes zu enthalten. Die liechtensteinische Regierung ersuchte das kantonale Polizeibüro daraufhin am 8.11.1915, bezüglich liechtensteinischer Staatsangehöriger von der Beibringung eines Visums abzusehen, da hierlands keine diplomatische oder konsularische Vertretungen auswärtiger Staaten bestanden (LI LA RE 1915/3830 ad 0218/3700 revers). Das genannte Polizeibüro kam dieser Bitte mit Schreiben an die liechtensteinische Regierung vom 10.11.1915 nach (LI LA RE 1915/3924 ad 0218/3700).
[4] Vgl. die diesbezügliche Kundmachung der liechtensteinischen Regierung bzw. von Landesverweser Leopold von Imhof vom 30.10.1915 in: L.Vo., Nr. 45, 5.11.1915, S. 1. Vgl. auch LI LA RE 1915/3700 ad 0218 revers.
[5] Das Verb „verlangt" wurde durch das Verb „gestattet" ersetzt.
[6] Die liechtensteinische Regierung ersuchte das kantonale Polizeibüro mit Schreiben vom 30.10.1915 um die Zusendung der – nicht beiliegenden – Instruktion (LI LA RE 1915/3700 ad 0218 revers). Im Übrigen siehe Fussnote 3.