Maschinenschriftliche Abschrift einer Note von Fürst Johann II., gez. ders., an den Schweizer Bundespräsidenten Giuseppe Motta [1]
6.1.1920, Wien
Herr Präsident!
Zu meiner hohen Befriedigung hat die eidgenössische Regierung dem Ersuchen meiner Regierung, die Vertretung der Interessen des Fürstentumes Liechtenstein und seiner Staatsangehörigen dort zu übernehmen, wo ich keine eigenen diplomatischen Vertretungen errichtet habe oder zu errichten mich veranlasst sehen werde, willfahrt. [2]
Ich fühle mich gedrängt, Ihnen Herr Präsident meinen aufrichtigen Dank für dieses liebenswürdige Entgegenkommen der eidgenössischen Regierung auszusprechen, durch welches das Ansehen, das die Schweiz und ihre diplomatische Vertretung allüberall in so hohem Masse besitzt, auch den Interessen meines Landes zu Gute kommt.
Ich beehre mich dem Wunsche Ausdruck zu geben, dass die bestehenden herzlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem nachbarlichen Fürstentume sich hiedurch immer freundschaftlicher gestalten und vertiefen.
Genehmigen Sie, Herr Präsident den Ausdruck meiner aufrichtigen Hochachtung und Wertschätzung. [3]
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[1] LI LA RE 1920/0141. Die Note wurde vom liechtensteinischen Gesandten in Wien, Prinz Eduard, der liechtensteinischen Regierung am 6.1.1920 mit dem Bemerken übermittelt, dass das „Handschreiben" dem Schweizer Bundespräsidenten persönlich überreicht wurde. Das Dokument langte am 10.1.1920 bei der liechtensteinischen Regierung ein und wurde von Josef Ospelt am 12.1.1920 ad acta gelegt. Weitere Abschrift der Note sowie ein Entwurf in LI LA V 003/0083 (Aktenzeichen der Gesandtschaft in Wien: 46/1-20). Der Briefwechsel zwischen Fürst Johann II. und dem Bundespräsidenten Motta vom 6. und 24.1.1920 wurde in den liechtensteinischen Zeitungen abgedruckt: L.Vo., Nr. 14, 18.2.1920, S. 1 („Liechtenstein und die Schweiz"); O.N., Nr. 14, 18.2.1920, S. 2 („Internationale Höflichkeitsakte"). Aus der Berichterstattung des „Liechtensteiner Volksblattes" geht hervor, dass Prinz Eduard von Fürst Johann II. in dieser Angelegenheit als Spezialgesandter nach Bern entsandt wurde (ebd.). Vgl. auch DDS, Bd. 7b, Nr. 215, S. 446 (CH BAB E 2001 (E) 1969/242/42).
[2] Mit Note des Eidgenössischen Politischen Departements wurde der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern schon am 24.10.1919 mitgeteilt, dass der Schweizer Bundesrat gerne bereit sei, die Vertretung der liechtensteinischen Interessen in den Ländern zu übernehmen, in denen das Fürstentum keine Vertretung habe, während die Schweiz dort eine solche besitze. Der liechtensteinische Geschäftsträger Emil Beck wurde ins Politische Departement eingeladen, um den Text einer Note zu vereinbaren, mit welcher die Schweiz die Übernahme der liechtensteinischen Interessen den interessierten Mächten mitteilen sollte (Abschrift in LI LA V 143/4375 (Aktenzeichen des EPD: 111.T/M.-B.14.24.P4)). Vgl. auch das Schweizerische Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung vom 26.11.1919, Bd. V, XIII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund des Bundesbeschlusses vom 3.8.1914 und 3.4.1919 getroffenen Massnahmen, S. 439-440: Das Eidgenössische Politische Departement verständigte am 27.10.1919 alle Staaten, bei denen die Schweiz eine Vertretung besass, dementsprechend. Vgl. in diesem Zusammenhang das Schreiben der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern an die liechtensteinische Regierung vom 26.11.1919 über die völkerrechtliche Vorgangsweise bei der Übernahme der liechtensteinischen Interessenvertretung durch die Schweiz sowie über verwaltungstechnische Fragen (LI LA RE 1919/5810 ad 0589). Vgl. auch den Bericht der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern an die liechtensteinische Gesandtschaft in Wien vom 12.12.1919 betreffend den Stand der Zustimmung bzw. Kenntnisnahme der schweizerischen Notifikation seitens der Staatengemeinschaft (LI LA RE 1919/6087 ad 0589).
[3] Die korrespondierende Note des schweizerischen Bundespräsidenten Motta an Fürst Johann II. erging am 24.1.1920 (LI LA RE 1920/0141).