Die Regierung informiert über die Verschärfung der österreichischen Einreisebestimmungen


Maschinenschriftliche Kundmachung der Regierung, für Landesverweser Leopold von Imhof, gez. Regierungssekretär Josef Ospelt [1]

21.1.1915

Kundmachung

Von den k.k. österreichischen Behörden sind für die Dauer der gegenwärtigen ausserordentlichen Verhältnisse beschränkende polizeiliche Anordnungen über das Passwesen erlassen worden, [2] wornach für den Verkehr über die liechtensteinisch-österreichische Grenze folgende Bestimmungen in Kraft treten:

Die österreichische Grenze darf nur an bestimmten vom politischen Landeschef im Einvernehmen mit dem Militärterritorialkommandanten bestimmten Orten und nur von Personen überschritten werden, die sich mit einem ordnungsmässigen Reisepasse ausweisen und gegen deren Weiterreise kein Bedenken besteht.

Als Übertrittsorte an der österreichisch-liechtensteinischen Grenze sind bestimmt worden: Amerlügen und Tisis sowie die Eisenbahnhaltestelle Tisis und Altenstadt und der Bahnhof Feldkirch. [3]

Der Reisepass muss ausser den sonst üblichen Daten auch eine des Aussehen des Reisenden getreu wiedergebende Photographie, die der Reisende vor der Behörde eigenhändig zu unterschreiben hat, und eine amtliche Bescheinigung darüber enthalten, dass der Passinhaber tatsächlich die durch die Photographie dargestellte Person ist.

Ausländische Reisepässe müssen auch das Visum einer k.u.k. diplomatischen oder konsularischen Vertretung enthalten; von der Forderung dieses Visums wird jedoch hinsichtlich der Angehörigen des Fürstentums Liechtenstein Umgang genommen. [4]

Während der Übergangszeit, d.i. bis einschliesslich 31. Jänner 1915, sind die zuständigen österreichischen Stellen im Einvernehmen mit dem Militärkommando ermächtigt, in jenen Fällen, in denen die Beschaffung eines Reisepasses noch nicht oder nur schwer möglich ist, andere Legitimationspapiere als genügenden Ausweis zuzulassen.

Von der Verpflichtung zum Besitze eines ordnungsmässigen Reisepasses sind auch Frauen und nicht unter Aufsicht von Erwachsenen stehende Kinder nicht ausgenommen.

Bei Überschreitung der Grenze ist der Reisepass den Grenzorganen vorzuweisen und von diesen, falls gegen die Weiterreise kein Bedenken obwaltet, mit ihrem Einsichtsvermerke zu versehen.

Bewerber um einen solchen Reisepass haben sich persönlich hieramts zu melden und eine Bescheinigung der Ortsvorstehung vorzuweisen, welche Name, Stand und Alter des Passwerbers zu enthalten haben.

Bei diesem Anlasse wird darauf aufmerksam gemacht, dass im ganzen österreichischen Grenzbezirke der Bevölkerung das Abweichen von öffentlichen Strassen und Wegen verboten ist; der Aufenthalt oder die Beschäftigung ausserhalb dieser allgemeinen Bewegungslinien ist nur bei nachweisbarer Notwendigkeit (Zugang zu den eigenen Wohnhäusern, Aufenthalt dortselbst oder in deren unmittelbarer Umgebung, ferner zu Bau- und Feldarbeiten) oder bei Dienstgängen gestattet. Jede Nichtbeachtung dieses Verbotes wird bestraft.

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[1] LI LA RE 1915/0218. Ebd. weitere Exemplare der Kundmachung sowie ein maschinenschriftlicher Entwurf. Die Kundmachung ging zur Verlautbarung an die Ortsvorstehungen und wurde publiziert in L.Vo., Nr. 5, 30.1.1915, S. 1 sowie in O.N., Nr. 5, 30.1.1915, S. 2.
[2] LI LA RE 1915/0218, k.k. Statthalter in Tirol und Vorarlberg an die Grenzzollämter und Grenzfinanzwachabteilungen, 19.1.1915; LI LA RE 1915/0218, k.k. Statthalter in Tirol und Vorarlberg an die Leiter der k.k. Bezirkshauptmannschaften in Tirol und Vorarlberg, die Bürgermeister von Innsbruck und Bozen, die Leiter der Polizeikommissariate in Trient und Ala, der Polizeiexpositur in Grigno und die Bahnhofüberwachungsstation in Innsbruck, 19.1.1915. Grundlage für die neuen Bestimmungen war die Verordnung des Gesamtministeriums vom 17.1.1915, womit beschränkende polizeiliche Anordnungen über das Passwesen erlassen werden (öst. RGBl. 1915 Nr. 11).
[3] Von dieser Einschränkung der Grenzübertrittsorte war ein Teil der Unterländer Gemeinden stark betroffen. Die Regierung stellte deshalb den Antrag, weitere Grenzübergänge offen zu lassen. Vgl. LI LA RE 1915/0259 ad 218, Regierung an k.k. Statthalterei in Innsbruck, 26.1.1915.
[4] LI LA RE 1915/0218, k.k. Statthalter in Tirol und Vorarlberg an Regierung, 19.1.1915.