Landesverweser Leopold von Imhof hat keine Bedenken gegen die Zeichnung von österreichischen Kriegsanleihen durch den Fürsten


Handschriftliches Konzept von Landesverweser Leopold von Imhof, gez. ders., für ein Expressschreiben an die fürstlich liechtensteinische Kabinettskanzlei zuhanden von Kabinettssekretär Rudolf Hauswirth [1]

21.10.1915

E.H. [Euer Hochwürden]

Hochverehrter Herr Kabinetssekretär!

In Beantwortung des sehr geschätzten Schreibens vom 7. Oktober l.J. [2] beehre ich mich E. Hochw. mitzuteilen, dass meiner Meinung nach keine politischen Bedenken gegen eine neuerliche Beteiligung S.D. [Johann II.] an der österr. Kriegsanleihe bestehen; zumal wenn auch diesmal der bisher eingeschlagene Weg gewählt wird, wonach S.D. nicht höchstpersönlich, sondern die fürstl. liechtensteinische Zentralgüterdirektion [3] unter den Anleihe-Zeichnern erscheint.

So viel mir bekannt, hat die feindliche Auslandspresse die in obige Form gekleidete, ganz hervorragende Beteiligung S.D. an den beiden ersten österr. Kriegsanleihen in keiner Weise zum Gegenstande von Erwähnungen gemacht.

Ich besorge daher auch nicht, dass der Fall diesmal aufgegriffen werden würde.

Selbst wenn dies aber jetzt geschehen sollte, halte ich es für ausgeschlossen, dass die Haltung der Schweiz in der Frage der Lebensmittelversorgung des Fürstentums dadurch irgendwie beeinflusst werden würde.

Ich komme eben von Bern (womit ich die etwas verspätete Beantwortung der obigen, am 18. Oktober hier eingelangten Anfrage zu entschuldigen bitte), wo ich eine noch stärkere Beteilung des Landes mit Lebensmitteln sowie die Versorgung mit neuen Artikeln erwirkt habe.

Würde die Schweiz den übrigens unzutreffenden Zeitungsnotizen über eine Durchlieferung von Konterbande durch Liechtenstein nach Österreich irgend eine Bedeutung beimessen, so würden mir solche Bedenken gewiss vorgehalten worden sein.

Ich darf daher wohl annehmen, dass sie etwaige abfällige Presskritiken über die Beteiligung der "fürstl. liechtensteinischen Zentralgüterdirektion" an der 3ten österr. Kriegsanleihe auch nicht ernst nehmen würde. Jedenfalls glaube ich aber, die etwa dort daraus abgeleiteten Bedenken gegen die weitere Approvisionierung Liechtensteins leicht wieder zerstreuen zu können. Ganz sicher wäre es natürlich, die Zeichnung nicht publizieren zu lassen. Doch wird dies meiner unmassgeblichen Meinung nach aus verschiedenen Gründen nichts praktikable sein.

In der Schweiz wird – wie ich mir nebenbei zu bemerken erlaube – die österr. Kriegsanleihe ziemlich stark gezeichnet. Da kann die Zeichnung an anderer neutralen Seite wohl schwer eine andere Beurteilung erfahren.

Mit den weiteren Pneumatiks geht es sehr schlecht, bisher konnte ich nur einen Mantel bekommen. Die Ausfuhr wäre gesichert, aber Mäntel sind fast nicht mehr aufzutreiben, da die Zuweisung an die Schweiz derzeit nur nach dem dringendsten Inlandsbedarf bemessen ist. Hoffentlich geht es in einiger Zeit wieder besser.

Empfangen hochverehrter H. Kab.Sek. den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung, womit ich zeichne als E. Hochw.

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[1] LI LA SF 01/1915/036. Das Schreiben wurde am 22.10.1915 von David Strub ins Reine geschrieben.
[2] LI LA SF 01/1915/036, Hauswirth an Imhof, 7.10.1915.
[3] Zentral-Güteradministration für alle fürstlichen Güter war die Hofkanzlei.