Strafverfügung des F.L. Landgerichtes, gez. Julius Thurnher [1]
3.2.1919
(§ 309 der Straf-Prozess-Ordnung) [2]
Strafverfügung
Vom fürstl. liechtenst. Landgerichte in Vaduz wird auf Anzeige [3] des fürstlichen Landweibels [Franz Josef] Schädler, dass Joachim Beck in Triesenberg, Nr. 218, und Johann Schädler, Nr. 207, je zwei ausweislose Fremde in Dienst nahmen, gegen Joachim Beck und Johann Schädler wegen der Übertretung nach § 13 der P.O. [4] eine Geldstrafe von je 10 K (zehn Kronen) verhängt.
Sollte[n] Joachim Beck und Johann Schädler sich durch diese Strafverfügung beschwert finden, so steht ihnen frei, dagegen Einspruch zu erheben. Dieser Einspruch muss binnen 8 Tagen von der Zustellung dieser Verfügung bei diesem Landgerichte schriftlich oder zu Protokoll angemeldet werden; zugleich sind die zur Verteidigung dienenden Beweismittel anzuzeigen.
Falls in obiger Frist ein Einspruch nicht erfolgt, erwächst diese Strafverfügung in Rechtskraft und wird sohin vollstreckt werden.
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[1] LI LA J 007/S 046/029 (Aktenzeichen 121 Sts.). Mundiert am 6.2.1919. Ausfertigungen der Strafverfügungen ergingen an Joachim Beck und Johann Schädler. Ferner ging die Strafverfügung zur Einsicht an die Staatsanwaltschaft, für die Josef Ospelt zeichnete. Gemäss handschriftlichem Vermerk wurden die genannten 20 Kronen bezahlt.
[2] Nach § 309 der Strafprozessordnung konnte der Richter, insofern er Arrest von höchstens 3 Tagen oder eine Geldstrafe von höchstens 30 Kronen zu verhängen fand, auf Antrag des Staatsanwaltes die Strafe ohne vorausgehendes Verfahren durch eine Strafverfügung festsetzen (Gesetz vom 31.12.1913 betreffend die Einführung einer Strafprozessordnung, LGBl. 1914 Nr. 3) .
[3] Siehe die Anzeige von Landweibel Schädler an die Regierung vom 21.1.1919 (LI LA J 007/S 046/029 (Aktenzeichen 374 ad 313)). Dieser zufolge hatte Beck zwei gänzlich ausweislosen Italienern, wohl ehemaligen Kriegsgefangenen in Österreich, ca. 4 Wochen Unterkunft gegeben. Johann Schädler hatte ebenfalls zwei Italienern Unterschlupf gewährt; letztere waren am 19.1.1919 abgereist. Die Staatsanwaltschaft, bei der die Anzeige am 25.1.1919 einlangte, stellte den Antrag, die Beschuldigten wegen der Übertretung von § 13 der Polizeiordnung zu bestrafen, weil sie vier Italiener, obwohl diese keine Heimatschriften besassen, in Dienst genommen hätten (ebd. Revers). Nach dem Leumundszeugnis des Triesenberger Gemeindevorstehers Josef Gassner vom 31.1.1919 galten die Beschuldigten „hierorts allgemein als achtbare, strebsame und wohlhabende Bürger; auch sind deren Familienverhältnisse als wohlgeordnet zu bezeichnen". Dagegen enthielt das Vorstrafenverzeichnis für Johann Schädler vom 27.1.1919 5 Einträge wegen Übertretungen nach § 13 des Jagdgesetzes, nach § 46 der Waldordnung und § 311 des Strafgesetzes, ferner wegen „beleidigender Schreibart" gegenüber dem Gericht (LI LA J 007/S 046/029).
[4] Nach § 13 der Polizeiordnung vom 14.9.1843 durfte kein Gewerbetreibender oder sonstiger Dienstgeber einen fremden Gesellen oder Dienstboten ohne gehörige Heimatschriften aufnehmen. Die Verletzung dieser Vorschrift wurde als schwere Polizeiübertretung bestraft.