Amtsinstruktion für die Landesbehörden des Fürstenthums Liechtenstein


Amtsinstruktion
für die Landesbehörden des Fürstenthums Liechtenstein
[1]

[vom 30. Mai 1871][2]

I. Hauptstück

1. Abschnitt
Von den Administrationsbehörden überhaupt

1.

Die Adminitrativgeschäfte des Fürstenthums werden von der Regierung, beziehungsweise dem Landesverweser, vom Landesschulrathe und von der politischen Recursinstanz besorgt.

2. Abschnitt
Der Landesverweser

2.

Der Landesverweser ist Chef der Regierung und des Landesschulrathes.

3.

Er besorgt die Geschäfte, welche ihm unmittelbar vom Fürsten übertragen werden, namentlich die Gegenzeichnung der vom Fürsten oder einer Regentschaft ausgehenden Gesetze, Verordnungen und Erlässe, auch geniesst er bei öffentlichen Feierlichkeiten die dem Repräsentanten des Landesfürsten vorschriftsmässig zustehenden Vorzüge.

4.

Der Landesverweser hat über jene Gegenstände, welche der landesherrlichen Verfügung zu unterstellen sind, dem Landesfürsten im Wege der politischen Recursinstanz Vortrag zu erstatten.

Die diesfälligen, zur Ausfertigung gelangenden Resolutionen erhalten die eigenhändige Unterschrift des Landesfürsten und noch ausserdem die Gegenzeichnung des Landesverwesers im Sinne des § 20 der Verfassungsurkunde vom 29. September 1862.[3]

5.

Der Landesverweser hat übrigens das Recht in wichtigen Angelegenheiten unmittelbar dem Landesfürsten zu berichten.

6.

Der Landesverweser beeidet die neu ernannten Beamten und Bediensteten der Regierung, ertheilt denselben Urlaub und übt über diese die Disciplinargewalt aus.

7.

Dem Landesverweser steht die Zuweisung des Diener-Personals zu dem Regierungsamte oder dem Landgerichte zu, er hat auch die Art ihrer Verwendung zu bestimmen, wobei aber vor allem die Förderung des Dienstes vor Augen zu behalten ist.

8.

Der Landesverweser hat für die gesetzmässige Einrichtung und Instandhaltung der Arreste überhaupt und für die gehörige Verpflegung und Beaufsichtigung der Sträflinge zu sorgen. Er versieht auch die Administration der landschaftlichen Gebäude.

Der Landesverweser besorgt jene Geschäfte, welche ihm persönlich vom Fürsten zur Vertretung der Landesinteressen gegenüber fremden Staaten übertragen werden.

9.

Der Landesverweser vertritt die Regierung bei den Landtagssitzungen.

10.

Der Landesverweser überwacht den gesetzmässigen und ununterbrochenen Geschäftsgang des Landgerichtes und ist verpflichtet, wahrgenommene Vorschriftswidrigkeiten oder einlangende Beschwerden der Parteien, unverzüglich dem fürstlichen Appellations-Gerichte zur Kenntnis zu bringen.

Derselbe hat jene Erhebungen zu pflegen und Gutachten zu erstatten, um welche er vom Appellationsgerichte in Angelegenheit der Justizpflege des Fürstenthums angegangen wird.

3. Abschnitt
Die Regierung

11.

Die Regierung ist die Verwaltungsbehörde im Lande, hat ihren Amtssitz in Vaduz und alle Geschäfte zugewiesen, welche auf die Ausübung der landesherrlichen Regierungsrechte, auf die Landesverfassung und auf die Gesetzgebung sich beziehen. Die Regierung besteht aus dem Landesverweser, zwei Landräthen, zwei Stellvertretern und einem Sekretär.

Ihr unterstehen ferners, der Kassen-Verwalter, der Landesphysikus, der Landestechniker, der Forstinspektor und der Landesthierarzt.

12.

Der Landesverweser, Kassen-Verwalter, Landesphysikus, Landestechniker, dann der Forstbeamte, der Landesthierarzt und der Sekretär sind bleibend angestellte Regierungsbeamte, die beiden Landräthe und deren Stellvertreter hingegen ernennt der Fürst auf die Dauer von 6 Jahren aus der zur Landesvertretung wahlfähigen Bevölkerung des Fürstenthums.

Nach Ablauf der Amtsperiode können die ernannten Landräthe wieder bestätigt werden.

Das Amt der Landräthe berechtigt zu keinen fixen Bezügen, sondern dieselben erhalten für ihre amtlichen  Taggelder aus der Landeskassa in derselben Höhe, wie die Landtagsabgeordneten. Die übrigen Beamten beziehen fixe Gehalte.

13.

Die Geschäftsführung bei der Regierung theilt sich in eine gremiale und eine aussergremiale.

14.

In der Regel sind alle wichtigeren der Regierung zur Behandlung zugewiesenen Angelegenheiten in der Rathssitzung zum Vortrag zu bringen.

Das Ratsgrenium besteht aus dem Landesverweser als Vorsitzenden, aus den zwei Landräthen als Votanten und aus dem Sekretär als Protokollführer.

In Verhinderung eines der Landräthe, ist ein Stellvertreter zur betreffenden Sitzung einzuberufen. Bei Berathung von Landesangelegenheiten, wenn es der Landesverweser für angemessen findet, dann in den Fällen, wo Angelegenheiten zur Berathung gelangen, woran einer der Landräthe direkte oder indirekte betheiliget ist, namentlich wenn es sich um die eigene Zuständigkeitsgemeinde handelt, sind der Rathssitzung nebst den zwei Landräthen, auch die beiden Stellvertreter beizuziehen.

Ausserdem haben der Landestechniker, Kassenverwalter, Landesphysikus, Landesthierarzt und der Forstinspektor als Referenten oder Sachverständige mit berathender Stimme dann einzutreten, wenn einschlägige Gegenstände aus den Bau-, Kassen, Medicinal- oder Forstwesen zur Berathung gelangen.

15.

Die Beschlüsse über Gegenstände, welche in der Rathssitzung zum Vortrage gelangt sind, werden nach Stimmehrheit gefasst.

Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

In Abwesenheit oder Erkrankung des Landesverwesers besorgt der älteste Landrath die Leitung der Regierungsgeschäfte.

16.

Damit aber der Gang der Geschäfte nicht nachtheilig verzögert werde, sollen die laufenden Angelegenheiten nicht bis zum Sitzungstage aufgeschoben, sondern vom Landesverweser sogleich erlediget werden. Unter laufenden Angelegenheiten sind alle Gegenstände, welche an sich minder wichtig sind oder blosse präparatorische Verfügungen betreffen, wodurch noch Berichte abverlangt, Beweise gefordert, commissionelle Erhebungen gepflogen oder Bestimmungen getroffen werden, die vorbehaltlich der endlichen Erledigung nur den Zustand festsetzen, in welchem die Sache bis zur erfolgenden definitiven Entscheidung verbleiben soll.

4. Abschnitt
Der Landesschulrat

17.

Die Leitung des Schulwesens im Fürstenthum ist einem Landeschulrath übertragen.

Dessen Zusammensetzung und Wirkungskreis normirt das Gesetz vom 11. Jänner 1869/ Landesgesetzblatt 1869 No. 2.

Auch die Mitglieder des Landeschulrathes beziehen keine fixen Bezüge, sondern nur Taggelder, wie die Landräthe.

Nur der Landesschulkommissär und dessen Stellvertreter haben bei Schulprüfungen und Schulvisitationen nebst dem Taggelde auch noch die Vergütung der wirklichen Fuhrauslagen zu Recht.

5. Abschnitt
Die politische Recursinstanz

18.

Gegen Entscheidungen der Regierung, insofern diese nach dem Gesetze nicht endgültig erflossen – steht die Berufung an die politische Recursinstanz in Wien offen.

Dieselbe besteht aus drei Mitgliedern, einem Präsidenten und zwei Votanten, welche vom Fürsten ernannt werden und die juridisch-politischen Studien absolviert haben.

Auch mit diesen Aemtern sind keine Bezüge verbunden.

Die Mitglieder der politischen Recursinstanz leisten die verfassungsmässige Angelobung schriftlich und werden die Angelobungsurkunden bei der fürstlichen Regierung in Vaduz hinterlegt.

19.

Die Geschäftsagenden werden von der politischen Recursinstanz gremialiter behandelt und nach Stimmenmehrheit entschieden.

Ueber die einlangenden Geschäftsstücke wird bei dieser Behörde ein eigenes Einreichungsprotokoll geführt.

6. Abschnitt
Die fürstliche Buchhaltung

20.

Die Landes- und öffentlichen Fondsrechnungen sind alljährlich der fürstlichen Buchhaltung zur ziffermässigen Prüfung zuzusenden, welche die erhobenen Mängel der Regierung zur Veranlassung der Erläuterung bekannt zu geben und dieser Landesbehörde auch die Finalerledigungen mitzuteilen haben wird.

7. Abschnitt
Die Cassenverwaltung

21.

Die Cassa-Geschäfte theilen sich

1. in die Verwaltung der Landeskassa und öffentlichen Fonde mit Inbegriff der Sparkassa,

2. in die Verwaltung des Waisenvermögens und der gerichtlichen Depositen,

3. in die rentämtlichen Gegenstände

22.

Die Landeskassenverwaltung ist der Regierung einverleibt und werden die Kassageschäfte unter der Leitung des Landesverwesers von einem Kassen-Verwalter besorgt.

23.

Der Landesverweser hat als Leiter und Approbant der Kassen-Verwaltung die Gebahrung der letzteren zu überwachen, von allen stattfindenden Empfängen und Ausgaben durch die Einsicht der Conferenz-Bücher und Cassen-Journale Kenntnis zu nehmen und jedes Ausgabs-Document theils vor, theils nach der Auszahlung zu revidiren. Jene Ausgaben, welche sich auf ein fürstliches Rescript, auf eine Regierungs- oder Hofkanzlei-Verordnung basiren, können vom Kassenverwalter sogleich realisirt werden und sind die einschlägigen Quittungen nachträglich von acht zu acht Tagen, dem Landesverweser zur Vidirung vorzulegen, jene Ausgaben hingegen, rücksichtlich welchen noch keine speciellen Anweisungen vorliegen, bedürfen vor ihrer Auszahlung noch die Vidirung der Empfangsbestätigung durch den Landesverweser.

24.

Letzterem ist zur Pflicht gemacht:

1. die dienstliche Verwendung des Cassabeamten zu überwachen und sich durch Vornahme monatlicher, sowie unverhoffter Skontrirungen von der Richtigkeit der Kassaführung und von der genauen Befolgung aller Vorschriften die Ueberzeugung zu verschaffen.

2. wahrgenommene Gebrechen in der Manipulation sogleich abzustellen oder nach Umständen weitere Vorkehrungen von Regierungswegen zu veranlassen.

25.

Der Kassen-Verwalter hat nebst den allgemeinen Pflichten, welche aus der Verwaltung öffentlicher Gelder nach dem bürgerlichen Gesetze für ihn entspringen, noch insbesondere die Pflicht:

1. Sich ohne Vorwissen und Bewilligung des Landesverwesers, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen, vom Amtsort nicht zu entfernen.

2. Die vorgeschriebene Caution zu erlegen und mit selber, sowie mit seinem ganzen Vermögen für die richtige Gebahrung mit den anvertrauten Geldern, Urkunden, Wertheffeckten und Pretiosen zu haften.

3. Für die fruchtbringende Anlegung entbehrlicher Baarschaften im Sinne der Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches Sorge zu tragen.

4. Die in Betreff der Verwaltung der Sparkassa erflossenen gesetzlichen Bestimmungen gewissenhaft handzuhaben.

5. Die vorgeschriebenen Journale, Conferenz- und Hauptbücher genau nach den bestehenden einschlägigen Verordnungen zu führen.

6. Die Gewerb- und Klassensteuerbemessung mit Zuzug der bestellten Steuerkommissionen, den Bestimmungen des Steuergesetzes vom 20. Oktober 1865 gemäss vorzunehmen.

26.

Die kassaämtlichen Geschäftsstücke bilden einen Gegenstand des regierungsämtlichen Einreichungs-Protokolls und müssen alle an auswärtige Aemter und Parteien von der Kassen-Verwaltung gerichteten Zuschriften nebst der Unterschrift des Kassenbeamten auch mit dem Vidi des Landesverwesers versehen sein.

Die rentämtlichen Baarschaften und Werthpapiere sollen von jenen der öffentlichen Fonde und des Waisenamtes gesondert (mit überschriebenen Enveloppes) in der Kassa verwahrt werden.

27.

In der Regel sind alle rent- und öffentlichen Gelder unter der Gegensperre des Landesverwesers zu verwahren.

Ausgenommen werden nur die in der Handkassa des Kassen-Verwalters hinterlegten Baarschaften, deren Summe aber nicht grösser sein soll, als welche den Kassabeamten in den Stand setzt, die laufenden Ausgaben bestreiten zu können.

28.

Da die politischen Amtsgeschäfte eine oftmalige Abwesenheit des Landesverwesers vom Amtsorte nothwendig machen, so ist derselbe ermächtigt unter seiner Haftung auch einen anderen Regierungsbediensteten mit der Gegensperre zu betrauen.

29.

Ueber die in der Gegensperre hinterlegten Baarschaften, Wertheffekten und Prätiosen ist ein eigenes Empfangs- und Ausgabsjournal zu führen und dieses bei den Geldern aufzubewahren.

30.

Die Stempelvorräthe und Drucksorten werden dem Kassenverwalter ausschliesslich zur Verwahrung und Verrechnung überwiesen.

31.

Was die Verwaltung des Waisen- und Kuranden-Vermögens, dann der gerichtlichen Depositen anbelangt, so erhält der Kassenverwalter die einschlägigen Aufträge schriftlich vom Landgericht und bleibt rücksichtlich der gesetzlichen Gebahrung mit diesen Geldern[4] den Justizbehörden verantwortlich.

32.

Am Schluss eines jeden Jahres, und zwar bis längstens 15. April des folgenden Jahres, sind die Landesrechnung und alle öffentlichen Fondsrechnungen mit Inbegriff jener der Sparkasse dem Landesausschuss durch die Regierung zur Prüfung mitzuteilen.

Der diessfalls gefasste Landtagsbeschluss ist sodann unter Anschluss aller Rechnungen und Documente, der fürstlichen Buchhaltung bekannt zu geben, welche sofort die ziffermässige Revision derselben vornimmt.

33.

In Betreff der Kassageschäfte, welche auf die Verwaltung der fürstlichen Domaine Bezug haben, wird sich auf die allgemeinen Regie-Vorschriften bezogen, die auch für die Domainen-Verwaltung Vaduz massgebend sind, und von denen nur insofern eine Abweichung zulässig erscheint, als dieserwegen eine spezielle Weisung der fürstlichen Hofkanzlei vorliegt oder erwirkt werden sollte.

Dies gilt namentlich von dem Dienstverhältniss des Landesverwesers als Domänenverwalter zum Kassenbeamten, von der Verbuchung aller Empfänge und Ausgaben, von der Art der Realisierung von Zahlungsanweisungen, von den QuotaAbfuhren und von dem Zeitpunkte der Vorlage der Präliminarien, sowie der Einsendung der rent- und forstämtlichen Jahresrechnungen an die fürstliche Buchhaltung.

II. Hauptstück

1. Abschnitt
Von der Justizpflege

34.

Die Gerichtsbarkeit im Fürstenthum wird durch das Landgericht in Vaduz und im Instanzenzug durch das fürstliche Appellations-Gericht in Wien und durch das kaiserlich königliche Oberlandesgericht in Innsbruck ausgeübt.

35.

Das Landgericht ist die Gerichtsbehörde erster Instanz.

Die Leitung der Geschäftsführung des Amtes liegt einem Landrichter ob, welcher nach den Bestimmungen der österreichischen Gesetzgebung zur Ausübung des Richteramtes befähigt sein muss, vom Vorsitzenden des Appellationsgerichts beeidet wird und für die gesamte Geschäftsführung verantwortlich bleibt.

36.

Ihm untersteht das übrige Amtspersonal des Landgerichts.

In Fällen einer dauernden Verhinderung des Landrichters wird dessen Stelle durch den im Range nächststehenden Conceptsbeamten vertreten, welcher jedoch gleichfalls zur Ausübung des Richteramtes befähigt sein muss.

Ist ein solcher Beamter nicht vorhanden, so wird vom fürstlichen Appellations-Gericht von Fall zu Fall für die Substitution Vorsorge getroffen werden.

37.

Der Landrichter handhabt das Aufsichtsrecht, sowohl über die Untersuchungsgefängnisse, als auch hinsichtlich der Ueberwachung und Verpflegung der Inquisiten.

Der Landrichter fungiert als Beisitzer des Gefällenbezirksgerichtes Feldkirch. Bei vorkommender Aburtheilung von Gefällsübertretungen im Sinne des liechtensteinisch-österreichischen Zollvertrages.

38.

Der Landrichter hat bei Aburtheilung von Verbrechen vom kaiserlich königlichen Oberlandesgericht in Innsbruck die Absendung von zum Richteramt befähigten Gerichtsmitgliedern zu erwirken.

39.

Alle an die Obergerichte erstatteten Berichte des Landgerichtes und die von diesem herablangenden Erledigungen sind dem Landesverweser zur Einsicht mitzutheilen, welcher die einschlägigen Geschäftsstücke mit seinem Vidi zu bezeichnen hat.

40.

Das Landgericht hat am Schluss eines jeden Jahres einen Geschäftsausweis über die aus den Vorjahren verbliebenen, dann neu angefallenen erledigten und schwebenden Abhandlungen, Civil-Prozesse, strafgerichtlichen Untersuchungen und Grundbuch-Amtshandlungen unter Bezeichnung der Beamten, welchen die Geschäftsstücke zur Erledigung zugewiesen waren, dem fürstlichen Appellations-Gerichte vorzulegen.

41.

Zum Wirkungskreis des Landgerichtes gehört:

1. Die Civilgerichtsbarkeit in und ausser Streitsachen im ganzen Umfang in erster Instanz.

2. Die Strafgerichtsbarkeit über Verbrechen, Vergehen, Uebertretungen, sowie auch über Uebertretungen der politischen Vorschriften.

3. Die Verwaltung des Waisenamtes mit der nöthigen Einflussnahme über die Gebahrung der Waisen und gerichtlichen Depositen-Kassa..

4. Die Grundbuchsführung und die damit im Zusammenhange stehenden Bestiftungs-Angelegenheiten.

5. Die Evidenzhaltung des Catasters.

6. Die Bemessung der Taxen von Rechtsgeschäften.

7. Die Protollirung der Handelsfirmen.

2. Abschnitt
Das fürstliche Appellationsgericht

42.

Das fürstliche Appellationsgericht in Wien ist die zweite Instanz in allen Justiz-Angelegenheiten und entscheidet endgültig in allen Fällen der Berufung wider Verfügungen des Landgerichts, welche Angelegenheiten der Bestiftung, des Bodenwerth-Catasters oder aber die Taxbemessung von Rechtsgeschäften betreffen. Dasselbe führt die Oberaufsicht über die Justizpflege in Liechtenstein, übt dem Landrichter gegenüber die Disciplinargewalt und ertheilt diesem vorkommenden Falls Urlaub.

Das Appellationsgericht ist aus drei geprüften Richtern zusammengesetzt, welche vom Fürsten ernannt werden und für ihre Mühewaltung keine fixen Bezüge aus der Landeskasse beziehen.

43.

Der Vorsitzende des Appellationsgerichts wird vom Fürsten bestimmt.

Er und die übrigen Mitglieder dieses Gerichtshofes leisten die, in der Verfassung vom 29. September 1862 vorgeschriebene Angelobung schriftlich.

44.

Ueber die einlaufenden Geschäftsstücke wird vom Referenten ein eigenes Einreichungs-Protokoll geführt.

45.

Das Appelations-Gericht entscheidet auch über schwebende Competenz-Conflicte zwischen den Administrativ- und Justiz-Behörden.

3. Abschnitt
Der oberste Gerichtshof

46.

Den obersten Gerichtshof für das Fürstenthum bildet dem bestehenden Uebereinkommen mit der k.k. oesterreichischen Regierung gemäss das Oberlandesgericht in Innsbruck.[5]

 

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[1]Textwiedergabe nach LGBl. 1871 Nr. 1. Handschriftliche Fassung in: LI LA RE 1871/426. Inkraftgetreten am 1. Juli 1871.
[2]Die Amtsinstruktion ist nicht datiert. Sie wurde zusammen mit der Fürstlichen Verordnung vom 30. Mai 1871 über die Trennung der Justizpflege von der Administration (LGBl. 1871 Nr. 1) publiziert. Da die beiden Rechtsvorschriften in einem Zusammenhang stehen, wurde das Datum der Verordnung übernommen.
[3]Im LGBL. 1871 Nr. 1 wird die Verfassung von 1862 irrtümlich auf den 29. September 1862 (statt 26. September) datiert, ebenso wird für die Gegenzeichnung der falsche Artikel angegeben. Richtig wäre „im Sinne des § 29 der Verfassungsurkunde vom 26. September 1862.
[4] Im LGBL. 1971 Nr. 1 irrtümlich: „… der gesetzlichen Gebahrungsmittel dieser Gelder …).
5] Kein Datum, keine Unterschrift. Die Amtsinstruktion wurde vom Fürsten genehmigt.