Instruction
für die angestellten ärarischen Wegmacher[1]
vom 20. Jänner 1872
1.
Jeder Wegmacher erhält seine Strassenstrecke angewiesen, welche er zu beaufsichtigen und in gutem fahrbaren Stande zu erhalten hat. Alle darin vorkommenden Brücken, Durchlässe, Stütz- und Ufermauern, Wasserleitungen, Geländer, Wehrsteine, Wegweiser, Marken, Einfriedungshecken und Strassenbäume werden unter seine unmittelbare Aufsicht gestellt.
2.
Die Arbeitsstunden werden während der Wintermonate, d. i. vom Oktober bis Ende März, auf 7, nämlich von 8 bis 11 Uhr Vormittag und von ½ 1 bis ½ 5 Uhr Nachmittag, für die Sommermonate hingegen auf 10, nämlich von 7 bis 11 Uhr Vormittag, dann ½ 1 bis ½ 7 Uhr Nachmittag festgesetzt.
In dringenden Fällen muss der Wegmacher auch ausser den gewöhnlichen Arbeitsstunden die von den Umständen gebotenen Arbeiten verrichten, wofür ihm nach der aufgewendeten [Zeit] die Entlohnung von Fall zu Fall besonders bestimmt wird.
3.
Der Wegmacher bezieht für die zur Strassenarbeit verwendete Zeit einen Taglohn von 60 xr[2] in den Wintermonaten und von 70 xr[3] in den Sommermonaten.
Wegmachern, welche besonderen Fleiss und Geschick bethätigen, wird die Gleichstellung des Taglohns für kurze Tage mit jenen der Sommerzeit in Aussicht gestellt.
Dieser Bezahlung soll auch die Entlohnung der Hilfsarbeiter entsprechen, welche zu Strassenarbeiten verwendet werden.
4.
Am Ende eines jeden Monats hat jeder Wegmacher das gewissenhaft angefertigte Arbeitsverzeichniss (Monatsrechnung) dem Landestechniker einzusenden. In demselben sind die Hilfsarbeiter mit Namen und ihrer Tagschichten gesondert aufzuführen, sowie die Art, der Ort ihrer Verwendung aufzuzeichnen. Auslagen für Werkzeugreparaturen, Fuhrwerke und andere Leistungen an der Strasse sind den Monatsrechnungen mit Conti belegt beizufügen.
5.
Ohne besondere Bewilligung ist dem Wegmacher nicht gestattet, jemand Anderen an seiner Statt zur Strassenarbeit zu schicken.
6.
Der Wegmacher bleibt rücksichtlich seiner Person und der ihm beigegebenen Hilfsarbeiter für die gute Ausnutzung und richtige Einhaltung der festgesetzten Tagesstunden verantwortlich. Wo möglich sollen immer die gleichen Hilfsarbeiter verwendet und für’s ganze Jahr gedungen werden, damit man in dringenden Fällen nicht Mangel an Taglöhnern hat.
7.
Es ist Pflicht des Wegmachers, bei Schlagregen und nassem Wetter die ihm anvertraute Strassenstrecke zu begehen, das Wasser an allen Stellen mittelst Aufwerfung kleiner Querrinnen in die Seitengräben abzuleiten und überhaupt für den Wasserabzug im Sommer und im Winter allenthalben zu sorgen.
Wegmacher, auf deren Strassen Rüfen sich befinden, haben auf diese besondere Aufmerksamkeit anzuwenden und namentlich bei Schlagregen sich zu überzeugen, ob die Strasse frei sei und vom abfliessenden Wasser keinen Schaden nehme. Nöthigenfalle sollen sie dann Alles aufbieten, um wenigstens das Rüfewasser möglichst unschädlich abzuleiten, was nur durch rechtzeitige Hülfe mit den nöthigen Arbeitskräften, welche er sich schnell beizugesellen hat, möglich ist.
8.
Dem Wegmacher obliegt die pünktliche Vollziehung derjenigen Anordnungen, welche ihm speciell durch seine Vorgesetzten ertheilt werden
9.
Die gewöhnlichen Arbeiten des Wegmachers sind folgende:
a) Das Reinigen der Gräben und Strassenborde, welche Arbeit hauptsächlich im Frühjahre auszuführen ist. Hiebei hat sich derselbe genau an die Weisungen des Landestechnikers und bestellten Strassenmeisters zu halten und Hilfsarbeiter nur in dem Umfange zu verwenden, als jene es für nothwendig erachten.
Bei den Bergstrassen ist eine besondere Obsorge auf die gehörige Instandhaltung der Strassengräben zu verwenden, um bei Schlagregen eine Beschädigung der Fahrbahn zu vermeiden.
b) Das Einziehen der Geleise, Zusammenrechen, Zerschlagen der Rollsteine und Ausebnen der Schlaglöcher.
c) Das Abziehen des Kothes von der Fahrbahn, das Aufhäufnen desselben am Strassenrande und die Besorgung seiner baldigen Beseitigung. An mancher Stelle kann damit auch die Strassenböschung ergänzt und allfällige Unebenheiten ausgeglichen werden.
d) Das Befestigen der Strassenbäume an den Stützstangen;
e) Das Aussetzen und Beschneiden der lebenden Strasseneinfriedungen während des Frühjahres;
f) Die Obsorge:
dass die Strasse durch Ablagerung, was immer Namens, an keiner Stelle beengt oder der Wasserabfluss gehemmt werde, dass ohne Einwilligung des Landestechnikers keine Seitenbrücken über den Strassengraben oder Wasserleitungen quer durch die Strasse neu hergestellt werde;
dass auf den angrenzenden Grundstücken neue Fruchtbäume wenigstens 8 Fuss vom äusseren Strassengrabenrand entfernt gepflanzt und die über die Fahrbahn hängenden Äste bis auf 12 Fuss Höhe entfernt werden;
dass das Viehweiden sowie Abgraben oder Beschädigen der Strassenborde mit dem Pfluge an keiner Stelle stattfinde;
kein neuer Haag über die Strassenmarken herausgesetzt werde.
g) Die Anzeige jener Partheien bei der Regierung, welche sich gegen die Punkte 1. 2. 3. 4 des Absatzes f des vorstehenden § verfehlen.
h) Das Erzeugen des Strassenschotters in den ausgemittelten Materialgruben nach den besonderen Anleitungen des Landestechnikers und Strassenmeisters.
i) Das Einschottern der Fahrbahn, welche Arbeit in der Regel nur im Herbste während der Monate Oktober und November ausgeführt werden soll.
Der Wegmacher hat den Schotterlieferanten die Abladestellen zu bezeichnen, die Zufuhren controliren und muss daher immer zugegen sein, wenn Schotter zugeführt wird. Der Schotter muss unmittelbar nach dem Abladen mit der nöthigen Anzahl Hilfsarbeiter derart ausgebreitet werden, dass der grössere und gröbere Theil des selben in die Mitte und in die Vertiefungen der Strasse zu liegen kommt, um einen zu beiden Seiten abfallenden Strassenkörper zu erhalten und ein schnelleres Abfliessen des Wassers von der Fahrbahn zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen die tiefen Geleise mit den grösseren, obenaufliegenden Steinen zugefüllt werden.
Ueberhaupt ist dahin zuwirken, dass die Fahrbahn, welche von den beiderseitigen Gräben gemessen, die Breite von 20 Fuss überschreiten soll, in der Mitte um 6 Zoll höher angelegt und unterhalten werde als neben den Strassengräben.
10.
In der besonderen Obliegenheit der Wegmacher liegt es auch zu wachen, dass Privaten oder Gemeinden, welche Wasserabzüge oder Aehnliches zu besorgen oder zu unterhalten haben, daherigen Pflichten volles Genüge leisten, ohne dass diesfalls dem Lande irgendeine Belästigung erwächst.
11.
Wenn die Strasse sich in gutem Zustande befindet und das Wetter trocken oder im Winter die Schlittbahn eröffnet ist und der Wegmacher keine besonders angeordnete Arbeit auf der Strasse zu verrichten hat, dann bleibt ihm untersagt, unnütze Tagschichten auf die Strasse zu verwenden und es würde für dieselben keine Bezahlung geleistet werden.
12.
Von dem ihm anvertrauten Werkzeuge darf der Wegmacher bei Strafe (Lohnabzug) keinen anderen Gebrauch machen als auf die Strasse,.
Wenn ein Stück Werkzeug abgeht oder unbrauchbar wird, so hat es der Wegmacher gegen ein neues bei dem ihm bezeichneten Schmiede auszutauschen. Kleinere Reparaturen sind bei den nächsten Ortsschmieden machen zu lassen. Auf diese Art hat jeder Wegmacher den ihm überwiesenen Werkzeug vollzählig und brauchbar zu erhalten und ist hiefür haftbar.
Gehen[4] wichtigere Stücke wie Karren etc ab, so hat er dies beim Landestechniker zu melden.
13.
Jeder Wegmacher ist verpflichtet, bei vorkommenden ausserordentlichen Beschädigungen oder wichtigen Arbeiten an Strassen und Brücken den benachbarten Wegmachern auf den ersten Ruf beizustehen.
14.
Zu allen Fällen hat der Wegmacher seine häuslichen und Strassenarbeiten derart zu regeln, dass er jederzeit, wenn es die Umstände erfordern, zur Arbeit auf seiner Strassenstrecke erscheinen kann.
15.
Wegmacher, welche sich die geringste Vernachlässigung dieser Instruktion zu Schulden kommenlassen oder überhaupt diejenigen, mit welchen die Inspicirungsbehörde Ursache hat unzufrieden zu sein, können augenblicklich entlassen werden.
Will hingegen ein Wegmacher seinen Strassendienst freiwillig aufgeben, so hat derselbe wenigstens 4 Wochen vorher seinen Austritt beim Landestechniker anzumelden und wenn nicht früher ein Nachfolger bestellt wird, durch diese Zeit auch noch in seinem Dienst zu verbleiben.
[16.
Werden Taglöhner aufgenommen, welche einen höheren Lohn beanspruchen als 80 xr, so haben dieselben stets die ganze Tageszeit aus zunützen.][5]
Vaduz, den 20. Jänner 1872
Fürstl. L. Regierung
Hausen