Verordnung über die Kundmachung der Gesetze und Verordnungen


Verordnung
[über die Kundmachung der Gesetze und Verordnungen]
[1]

vom 31. März 1844

Seine Durchlaucht haben über erstatteten unterthänigsten Vortrag bezüglich der Art und Weise der Kundmachung der Gesetze und Verordnungen im Fürstenthume nachstehendes, den Verhältnissen entsprechende Verfahren zu genehmigen geruhet, welches hiemit zur allgemeinen Kenntniss gebracht wird:

§ 1

Das Oberamt hat dafür zu sorgen, dass jedes allgemein verbindende Gesetz und jede Verordnung an ein und demselben Tage in jeder Ortsgemeinde anlange und sogleich den folgenden Tag kundgemacht werde, zu welchem Ende die erforderliche Anzahl der Exemplarien dem Oberamte zukommen wird.

§ 2

Von jedem derlei Gesetze hat das Oberamt nach Zulegung eines Pare in die Gesetzsammlung jedem Amtsgenossen ein unentgeldliches Exemplar und ein solches jedem wirklich angestellten Seelsorger zur Gebrauchnahme und Aufbewahrung zuzustellen und, wenn das Gesetz Bestimmungen enthält, zu deren Ueberwachung eigene Dienstmänner aufgestellt sind, z.B. Gesetze in Polizei- oder Forstsachen, so muss auch jedem bezüglichen Diener ein unentgeldliches Exemplar zu seinem Amtsgebrauche erfolgt werden.

§ 3

Gleichzeitig als die Zustellung des Gesetzes an die Ortsseelsorger geschieht, müssen auch jedem Ortsgerichte zwei unentgeldliche Exemplarien zugesendet werden, wovon eines nach dem § 97 des Gemeindegesetzes vom 1. August 1842 zum Amtsgebrauche und zur Aufbewahrung in der Gemeindelade, das zweite zur öffentlichen Anschlagung an einem unter Aufsicht stehenden Versammlungsorte zu verwenden ist.

§ 4

Sobald das Ortsgericht in den Besitz des kundzumachenden Gesetzes gelangt, welches in nicht eigens dringlichen Fällen an einem Samstage geschehen soll, hat es ungesäumt zu verfügen, dass folgenden Tags nach dem nachmittägigen Gottesdienste, zu welchem sich die Gemeinde ohnehin einfindet, eine Gemeindeversammlung angesagt und abgehalten werde, welcher sofort das Gesetz vollinhaltlich vorzulesen ist. Am gleichen Tage, jedoch schon Vormittags, ist das Gesetz zu Jedermanns Einsicht öffentlich nach § 3 anzuschlagen, was auch zu gleicher Zeit an der Gerichtstafel des Oberamts geschehen muss.

§ 5

Das angeschlagene Gesetz hat durch eine Dauer von drei Wochen angeheftet zu bleiben und ist auf demselben rückwärts mit wenigen Worten der Tag der Anschlagung so wie der Tag der Abnahme anzumerken.

§ 6

Bei Erlassung von bloss schriftlichen Verordnungen und sonstigen höchsten Bestimmungen, welche zu allgemeiner Kenntniss und Darnachachtung dem Oberamte hinausgegeben werden, hat dasselbe dafür zu sorgen, dass jedem Ortsgerichte und nach Erforderniss auch jedem Ortsseelsorger eine legale Abschrift zukomme. Das Ortsgericht hat sich sodann durch den Ortslehrer die Verordnung als einstweiliges Dupplikat sogleich abschreiben zu lassen, mit dem oberämtlichen Exemplar aber nach den §§ 3, 4 und 5 zu verfahren.

§ 7

Auf solche Art gehörig kundgemachte gesetzliche Bestimmungen treten vom Tage der ersten Kundmachung in volle Wirksamkeit, wenn nicht das Gesetz selbst ausdrücklich den Eintritt seiner Wirksamkeit auf einen spätern Zeitpunkt verordnet. Da übrigens Unwissenheit nicht entschuldiget, so hat sich Jedermann bei Gemeindeversammlungen, die zur Kundmachung von Gesetzen berufen werden, einzufinden.

§ 8

Jeder Empfänger eines Dienstexemplars ist für dessen Aufbewahrung und Uebergabe an seinen Amtsnachfolger verantwortlich, daher auch die Empfänger dem Oberamte den richtigen Erhalt der Dienstexemplare sogleich zu bestätigen haben. Ausser diesem ist es Dienstpflicht der Ortsvorsteher, dass sie nach ausgelaufener Publikationsfrist schriftlich dem Oberamte anzeigen, dass die verordnete Kundmachung nach diesem Gesetze gehörig geschehen sei.

§ 9

Wie Jene, welche Patente, Verordnungen oder unter was immer für einem Namen und Gestalt zur öffentlichen Bekanntmachung angeschlagene oder ausgesetzte, von der Obrigkeit unterfertigte Urkunden abreissen, hinwegnehmen, durch Zerreissen, Besudeln oder sonst eine Art misshandeln, zu bestrafen seien, bestimmt der § 74, II. Th[ei]l des Strafgesetzbuches.

Wien, am 31. März 1844

Von der hochfürstlichen Hofkanzlei

Joseph Freiherr von Buschmann, dirigirender Hofrath.

Maximilian Kraupa, Wirtschaftsrath.

Von der hochfürstlichen Hofkanzlei.

Franz Strak, Sekretär. 

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[1] Kein Originaltitel. Druck. LI :LA SgRV 1844.