[Vertrag zwischen Liechtenstein und dem Kanton St. Gallen betr. Wuhrbauten und Grenzlinie im Rhein] [1]
vom 31. August 1847
Vertrag zwischen dem Souveränen Fürstenthum Liechtenstein und dem Souveränen eidgenössischen Canton St. Gallen über die längs der beiderseitigen Rheingränze einzuhaltenden Ufer- und Wuhrlinien sowie über die Landesgränze zwischen beiden Staaten.
Zu weiterer Ausführung von Art. 7 des unterm 15. März beziehungsweise 7. Oktober 1837 zwischen dem Souveränen Fürstenthum Liechtenstein und dem Souveränen eidgenössischen Canton St. Gallen ausgewechselten Vertrages über die Uferbauten am Rhein längs der beidseitigen Landesgrenze und in Folge der seither in wechselseitigem Einverständniss und auf gemeinschaftliche Kosten aufgenommenen Rheinkarte über die in Zukunft am Rhein einzuhaltenden Uferlinien und Wuhrrichtungen ausser den schon in den Artikeln 1 bis 11 des vorerwähnten Vertrages enthaltenen Vorschriften einerseits- und andererseits zu gleichzeitiger Festsetzung der Landesgränze zwischen beiden Staaten
wurden
von Seiner Durchlaucht dem souveränen Fürsten von Liechtenstein zu Bevollmächtigten ernannt:
Herr Inspector Dr. Cajetan Mayer
Herr Landvogt Johann Michael Menzinger
Von Seiten des Souveränen eidgenössischen Standes St. Gallen:
Herr Landammann Hungerbühler,
Herr Strassen- und Wasserbau-Inspector Hartmann.
Nach wechselseitiger Erwahrung der Vollmachten haben sich die Abgeordneten unter Vorbehalt der Ratification über nachfolgende fernere gemeinsame Bestimmungen in dem Sinne vereiniget, dass die durch gegenwärtigen Vertrag festgesetzten Ufer- und Wuhrlinien in dem neu gefertigten Stromplan eingetragen werden sollen.
Art. 1.
Alle alten sogenannten Wuhrmarchenbriefe u.s.w., welche sich in den Gemeinden der beiden Staaten vorfinden, haben durchaus keine auf die Korrektion influirende Gültigkeit mehr. Gültig sind allein die Ufer- und Wuhrlinien, welche durch gegenwärtigen Vertrag beschrieben werden.
Art. 2.
Das Eigentum der Wuhrgemeinden erstreckt sich einzig bis an die bezeichneten Wuhrlinien, daher die gewonnen werdenden Verlandungen den Gemeinden gehören, welche dieselben dem Plane gemäss gewonnen haben; hingegen haben dieselben keinen Anspruch auf Boden ausserhalb dieser Linien, es mag derselbe aus Auen oder Inseln bestehen.
Art. 3.
Die Mitte vom Thalwege des Rheins, das heisst die Mitte zwischen den beiderseits angenommenen Wuhrlinien gilt auch als Landesgrenze zwischen den beiden contrahirenden Staaten.
Art. 4.
Neu angelegt werdende Binnendämme dürfen nur mit Erlaubnis der gemeinsamen Wuhrkommission und in keinem Falle näher als auf 150 Wiener- oder 158 Schweizerfuss Distanz vom Wuhre gegen die neuen Wuhrlinien verlegt und es müssen bis zu dieser genehmigten Verlegung alle Verlandungen ausserhalb der gegenwärtig bestehenden Binnendämme mit Wuhrholz bepflanzt werden.
Art. 5.
Die Normalbreite wird zu 400 Schweizerfuss oder 380 Wienerfuss angenommen, wonach die Redukzion der Normalbreite des Flussbettes und des in vorstehenden Artikel festgesetzten Abstandes der Binnendämme, im Art. 7 des Vertages vom 15. März/7. Oktober 1837 berichtigt seyn soll.
Art. 6.
Die beidseitigen Oberbehörden werden verhüten, dass die Gemeinden durch Anlegung neuer Bauten und kostspieliger Uferreparaturen hinter den neuen Wuhrlinien ihre Baumaterialien und Kräfte unnütze verschleudern, und im Falle der Nothwendigkeit von Uferschützbauten hinter der neuen Linie solche Bauführungen anordnen, welche mit dem Correctionsprojekt sich früher oder später vereinigen lassen.
Art. 7
Diese mehr erwähnten Corrections-Linien werden in die Original-Pläne mit rother Dinte eingetragen und letztere von beiden contrahirenden Theilen als massgebende Beilage zu disem Vertrag unterzeichnet und ausgewechselt.
Art. 8.
Auf den Grund vorstehender Bestimmungen sind die neuen Ufer- und Regulierungsrichtungen, wie folgt, festgesetzt worden:
A. Rechtseitiges Ufer.
Fürstenthum Liechtenstein.
a) Von der Gränze des Cantons Graubünden dem sogenannten Fläschberg entlang bis an den Fuss des sogenannten Freienbergs wird vorbehältlich späterer Verfügungen das bisherige Ufer beibehalten.
b) Von diesem letzteren Punkte, dem Freienberg, bis zu den drei Albern Nr. 3 zieht sich die neue Wuhrlinie nach der von der Gemeinde Balzers bereits angefangenen Richtung ganz gerade.
c) Von den drei Albern um das ganze Land Ellhorn herum bis zu dem Wuhr Nr. 5 gegenüber dem alten Schollbergwuhr wird die bisher bestandene Uferlinie belassen, unvorgreiflich jedoch der bei dem Wuhraugenschein vom Jahre 1838 getroffenen Verabredung, dass dieses Ufer, falls es am jenseitigen Ufer seiner Zeit gelingen sollte, durch eine standhafte und kunstgerechte solide Verbauung der tiefen Bucht am Schollberg behufs der Saarkorrektion und wenn hiezü noch mehr Raum, als der schon vorhandene erforderlich werden sollte, gegen Bodenentschädigung nach Massgabe des Bedarfs zurückgezogen werden solle.
d) Von dem Wuhr Nr. 5 bis Nr. 10 an der Grenze der Gemeinde Triesen ist eine ganz neue, 1200 Wienerfuss lange Richtung aus 2 geraden Linien bestehend, die gegenüber dem Wuhr Nr. 22 des linken Ufers in einem kaum merkbaren stumpfen Winkel in einem Punkte zusammenstossen, der gerade um die Normalbreite vom erwähnten Wuhr Nr. 22 entfernt ist.
e) Von Nr. 10 abwärts soll die grosse Konkave am rechten Ufer zur Erzielung von Vorland von der grossen Rüfe bis Balzers und zur besseren Ableitung des Mühlebaches, so wie auch zur Unschädlichmachung der beiden sogenannten Trachterwuhren bis zu Nr. 15, ca. 6000 Wienerfuss lang so weit abgebaut werden, dass bei dem Punkte Nr. 26 des linken Ufers gerade noch die Normalbreite von 380 Wienerfuss bleibt, und der weiter unten gelegene Radius von der neuen rechtseitigen Uferlinie beinahe berührt wird.
f) Von No. 15 bis No. 17 wird die in letzten Jahren sehr zweckmässig erstellte neue Trieserer-Wuhrrichtung auf beiläufig 5200 Wienerfuss beibehalten.
g) Vom Ende des Trieserers Leitwerkes bis zur mittleren Traverse No. 22 soll in gleicher Linie wie das oben erwähnte neue Leitwerk die obere Uferrichtung fortgesetzt werden.
h) Von No. 22 abwärts zieht sich die neue Uferrichtung wieder dem linksseitigen Ufer in sanft konkaver Richtung zu und geht (von No. 37 bis 38 des linken Ufers) parallel mit den dort neu angelegten Werken und 380 Wienerfuss von denselben entfernt bis zum Strässlikopf No. 26, wo sie sich fast unmerklich bricht, und in einer neuen geraden Direktion bis zum sogenannten Wiesenkopf No. 31 geht.
i) Vom Wiesenkopf No. 31 bis zum sogenannten Soldatenkopf No. 35 besteht die neue Uferrichtung in einer einzigen geraden Linie, desgleichen
k) geht die künftige Uferrichtung vom Wuhr No. 35 in gerader Linie, das neue Leitwerk No. 37 bestreichend, auf das Wuhr No. 40 unter der Giessenmündung im Bezirk der Gemeinde Eschen.
l) Von hier (No. 40) aus bestreicht die neue Uferlinie in sanft konvexer Richtung kurz nach einander die Wuhrköpfe No. 41 und 42 und geht sodann wieder in ganz gerader Linie bis mitten in die Strassenlinie zwischen Gams und Bendern ca. 300 Wienerfuss ausserhalb dem neuen Bendenerwuhr No. 46.
m) Von dem letzteren Punkte zwischen den beiden neuen Strassen geht die Richtung in gerader Linie mit Zurücklassung des neuen Gamprinerwuhres No. 48 auf dem Krummwuhrkopf No. 49 und von hier hinweg bis No. 52 dem alten Ufer entlang, den Kopf No. 51 berührend.
n) Von No. 52 bis zum sogenannten Fahrkopf ist wieder eine einzige gerade Linie, welche mitten im gegenwärtigen Flussbette mit der darauf folgenden ebenfalls ganz geraden neuen Linie tangirt, die Wuhr bei No. 64 und 65 berührt, und an dem Lettendammwuhr endet.
o) Von dem Lettenkopf bis hinab zur kaiserlich königlichen österreichischen Gränze soll die schon im Einverständniss mit den österreichischen Behörden begonnene Verbauung der Ruggellerbucht nach früherem Plane vollendet werden.
B. Linksseitiges Ufer.
Kanton St. Gallen.
a) Das Canton St.Gallische Ufer des Bezirkes Werdenberg beginnt beim Wuhrsteine No. 19 am Schollberg, bei der Saarmündung, welcher Punkt gerade gegenüber dem Punkt No. 4 auf fürstlich liechtensteinischem Boden liegt, wo durch die unterste Baute der Gemeinde Sargans die Normalbreite von 400 Schweizerfuss bereits erreicht worden ist. Von diesem bestimmten Anfangspunkte hinweg geht die erste neue Uferrichtung der linken Seite vorerst parallel mit dem liechtensteinischen Ufer bis zu No. 5 des gleichen Ufers, dann aber in gerader Linie bis zum Wuhr No. 22 unterhalb Trübbach.
b) Von dem Wuhr No. 22 unter Trübbach führt eine gerade neue Uferlinie bis zum Wuhr No. 26 7000 Schweizerfuss lang.
c) Von No. 26 bis No. 26 1/2 wird die konvexe Richtung der alten Ufer beibehalten und dann der Anfang einer neuen konvexen Leitung gemacht, wodurch gleichwie am rechten Ufer (lit. E) das Trachterwuhr oberhalb der Heuwiesen unschädlich gemacht und das lange wohlgelegene Trieserwuhr erreicht werden soll, mit welchem es sodann 2000 Schweizerfuss lang parallel läuft, und erst nach neuen 2500 Fuss Länge in gleicher Direktion das neue Leitwerk im Rheinäule der Gemeinde Sevelen bis No. 33 erreicht.
d) Von dem neuen Leitwerk im Rheinäule geht die neue Richtung der Correction in ganz gerader Linie auf den sogenannten mittleren Lochkopf der Gemeinde Vaduz, jedoch nur bis zum Stein No. 35, nachher beginnt sich die neue linksseitige Wuhrlinie in sanft konvexer Richtung auf den Neuwuhrkopf No. 37 hinüber zu biegen, welcher, wenn die Baute sich ihm von oben her einmal genähert haben wird, auf die Normalbreite zurückgezogen werden soll.
e) Unterm Neuwuhrkopf bis Ende des neuen Buchser Leitwerkes wird die jetzt bestehende Richtung beibehalten.
f) Vom Ende des neuen Buchserleitwerkes wird in ganz gerader Linie das Wuhr No. 42 an der Flosslehne zugefahren bis gegenüber und in 400 Schweizerfuss Entfernung vom Wiesenkopf No. 31 des rechtsseitigen Ufers.
g) Die darauf folgende neue Uferrichtung reicht bis zur neuen Gamser Strasse am sogenannten Haager Sandwuhr hinunter, und zwar so, dass dieselbe bei einer Normalbreite von 400 Schweizerfuss gegenüber dem Schaaner Wiesenkopf ausgehend, das Ellbogenwuhr No. 44 140 Schweizerfuss und den sogenannten Gefehltenkopf 400 Schweizerfuss weit zurücklassend, nur 400 Fuss vom Soldatenkopf des rechtsseitigen Ufers entfernt ist, so dann die gerade rechtseitige neue Uferrichtung parallel verfolgt und nach einer Concave um die Wuhrköpfe No. 40 bis 42 wieder in ganz gerader Richtung am Haager Sandwuhr ankommt.
h) Vom Sandwuhr geht die Uferrichtung gerade auf den Wuhrkopf No. 54 bis zum rechtseitigen unteren Krummwuhr No. 50.
i) Vom letzt erwähnten Punkte geht die neue Richtung 1600 Schweizerfuss lang parallel mit den Köpfen 51 bis 52 des rechten Ufers und sodann wieder ganz gerade bis zum Wuhrstein No. 58 bei der Wachthütte am Ruggeller Fahr.
k) Bei der Wachthütte beginnt wieder eine neue gerade Linie, welche mit der rechtseitigen Uferlinie bis zum Lettendampfkopf[2] parallel geht, und in der Normalbreite von letzter entfernt sich an die mit Österreich verabredeten Wuhrlinien anschliesst.
Zur Beglaubigung dessen haben die respektiven Abgeordneten ihre Unterschrift beigefügt.
St. Gallen, den 31ten August 1847
Doc. Cajetan Mayer mp. Hungerbühler mp.
Menzinger mp. Hartmann mp.
Landvogt
Wir Landamman und kleiner Rath des Cantons St. Gallen thun kund hiermit, dass der grosse Rath des Cantons St. Gallen unterm 28. Februar 1848 vorstehendem Vertrage die Ratifikation ertheilt habe.
St. Gallen, den 15. März 1848.
LS. Für den Landamman
der präsidirende Regierungsrath
Curti mp.
Im Namen des kleinen Rathes
Der Staatsschreiber
Steiger mp.
Collationiert und dem mit Bericht vom Heutigen No. 295 nach Wien gesendeten Original wörtlich gleichlautend.
Oberamt Vaduz, den 23. März 1848
Menzinger
Landvogt