Brief Rheinbergers an seine Nichte Olga über seine Lebensumstände in den letzten Monaten vor seinem Tod.


Bad Kreuth, d 14.8.01

Meine liebe gute Olga!

Du hast Dich wegen meines längeren Stillschweigens gesorgt - wirst aber inzwischen meine Karte erhalten haben.

Mit dem Husten und Schwindel ist es besser; aber das Arnaldische (?) Mittel hat nichts genützt. Auch der Schlaf hat sich nicht eingestellt. So, jetzt weisst Du Alles über mein Befinden.

Im Übrigen ist der Aufenthalt recht angenehm, obschon das Wetter nicht mehr so gut wie im Juli ist; ja, es herbstet schon recht deutlich.

Marie schreibt mir alle Wochen pünktlich, und ich fange schon an, fleissig an meine Häuslichkeit zu denken, die mir aber erst dann recht behaglich sein wird, wenn ich Dich, meinen lieben Olgus, wieder haben werde. Und somit wollen wir auch hoffen, dass sich der tapfere Emmaus gründlich erhole - Du siehst, dass bei diesem guten Wunsch auch ein ganz kleinwenig Egoismus meinerseits dabei ist. Wenn Alles recht geht, und uns der Himmel wegen den „allseitigen Gesundheiten“ keinen Strich durch die Rechnung macht, so möchte ich Dich über den Winter bei mir haben - Du könnstest dann Mai, Juni, Juli, August, September und October im rothen Haus regiren; da ich Dich leider nicht ganz haben kann, so muss der gute Olgus eben getheilt werden!

Wegen Deinem Löwen-Onkel ist es mir herzlich leid - ich hätte dem guten Luis auch seiner Familie wegen bessere Gesundheitsumstände gewünscht und nehme recht Theil an seinem Leiden.

den 15.8.

Die Bekannten verlassen jetzt einer um den Andern Kreuth; ich denke am 26. heim zu gehen - und so ist wieder ein Jahr herum! Schreibe mir bald wieder, ich freue mich immer, Deine lieben Schriftzüge zu sehen, d.h. wenn sie nichts Unangenehmes berichten. -

Rintelen's gehen übermorgen. Bekannte hab ich dann noch genug, Freunde keine mehr hier.

Nun lebe wohl, nimm Deine Gesundheit in Acht, grüsse den guten Emmaus - wie Dich auch grüsst Dein Dich von ganzem Herzen liebender Onkel
Jos. Rheinberger.

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