Rheinberger schreibt an seine Nichte Olga über die voraufgegangenen Feierlichkeiten zu seinen Ehren


München den 25.3.99

Meine liebe Olga!

Endlich ist der gefürchtete Trouble meines 6Oten Geburtstages vorüber; zuerst war ich vom 1. März an bis zum 12ten mit Influenza an's Haus gefesselt. Dr. Schaezler kam täglich und fütterte mich mit allen möglichen Medikamenten. Und als ich wieder in die Schule kriechen konnte, und mir nichts weniger als festtäglich zu Muthe war: da ging der Spektakel los - ein Brief um den Anderen, Telegramme, Besuche von überall her, gut- und falschgemeinte Glückwünsche, das blaue Zimmer voll Blumen etc, und am 17ten eine Deputation von der Universität, die mir den D o c t o r - Titel brachte; drei Professoren im Talar und Barrett, die aber der gute /Hund/ Timurle für Masken hielt, und gar nicht hereinlassen wollte!

Sodann die Ehrungen an der Akademie - dazu unwohl sein und Alles freundlich empfangen, begrüssen, beantworten müssen etc. Nun es ist jetzt vorüber und die paar Wochen der Osterferien sind da - Alleluja! Nur noch einige Besuche und Briefbeantwortungen und es ist wieder Alles im Geleise. -/. . ./

Seit 14 Tagen ist wieder strenger Winter und die Influenza herrscht bedeutend. -

Und wie geht es bei Euch? wohl immer noch gleich!

Schreibe mir bald wieder, mein lieber Olgus;

das Schachspielen werden wir Beide verlernen!

Grüsse Alle im und ausser dem rothen Hause

von Deinem Onkel
Dr. Jos. Rheinberger.

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