Josef Rheinberger berichtet von seinem Gesundheitszustand und über die Bautätigkeit in München.


Münch, 17.02.1890

Ich bin seit einigen Tagen als Patient zu Hause und muss mich wegen hochgradiger Nervosität täglich massiren lassen - wenn es nur helfen möchte! Schon von Weihnachten über Neujahr war ich unwohl, habe aber alle Dienste gemacht. Wahrscheinlich war es die unvermeidliche Influenza; in jener Zeit starben hier viele Leute daran, auch Franz Lachner.[1] Nur der alte Schafhäutl scheint glücklich gegen Alles gefeit zu sein, was ihm von Herzen gegönnt sei; er hat gestern seinen 88. Geburtstag gefeiert.

Die Frau Jul. Maier wird im März nach Carlsruhe übersiedeln. Von Egon habe ich nicht viel zu berichten, Du weisst, wie schweigsam er ist, auch kommt er nur dann auf Besuch, wenn man ihn rufen lässt; er scheint übrigens fleissig zu sein.

In betracht meines alten Claviers, bitte ich Dich, es in Verwahrung nehmen zu wollen; Du hast gewiss auf dem Estrich irgendeine Ecke, wo es in verdientem Ruhestand vermodern kann; es ist nur eben doch eine Jugendreliquie.

Hier wird enorm gebaut, wie mir scheint über Bedürfniss. Selbst der englische Garten wird nicht verschont: so wird eine breite Villenstrasse vom Prinz-Karl-Palais durch den englischen Garten an die Isar gezogen und eine neue Brücke über dieselbe (ungefähr 20 Minuten unter der Maximilianusbrücke) gebaut - da werden wieder hunderte der schönsten Bäume gefällt. Wie geht es Deiner lieben Familie? Seid Ihr Alle von der heimtückischen Influenza verschont geblieben? Mit herzlichsten Grüssen von Familie zu Familie

Jos. Rheinberger.

 

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[1] Franz Lachner = … 20.1 .1890