Glückwunschbrief an den Bruder mit Anhang von Franziska Rheinberger.

München 27.12.86

Mein lieber David!

Vor allem wünsch ich Dir das Beste zu Deinem Namenstage und zum neuen Jahr, auf dass kein Schnupfen und Catarrh Dein würdig Haupt verdüstere und Deinen Humor schmälere. Dein Goldfüchslein habe ich in einem hübschen Portemonnai dem Egon bei der Christbescheerung in Deinem Namen überreicht. Hoffentlich wird er sich bei Dir schriftlich bedanken. - Landesverweser von Hausen hat gestern einen sehr freundlichen Brief an meine Frau geschrieben; er scheint noch sehr an Liechtenstein zu hängen. Julius Maier macht schon lange keinen Dienst mehr; er ist ganz Ruine. Schafhäutl hingegen ist trotz seiner 84 Jahre frisch, heiter und gesund. - Grüsse mir unsere Angehörigen im Maison rouge.[1] Die gestickte Decke der "Drei Schwestern"[2] hat Bewunderung erregt. -

Prof. Fritz Rohrer[3] (aus Werdenberg) in Zürich hat mir wieder neue Gedichte geschickt; er ist ein sehr begabter Dichter - wohl der beste Schweizerpoet der Gegenwart. Nun lieber David! lebe wohl und beginne das neue Jahr fröhlich - schreibe bald

Deinem Dich liebenden Bruder

J. Rh.

München 27.12.86

Fanny ergänzt dazu:

Lieber David!

Die Weihnachtsfeyer am Hofe war heuer in der Kirche so glänzend wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der Prinzregent hatte die ganze Hofgesellschaft hinbefohlen, alle (auch Curt) mussten in Uniform erscheinen, die sonst so verlassenen Residenzhöfe wimmelten von Equipagen, hallten von Pferdegestampf wieder. Es wurde eine grossartige Messe von Siciliani aufgeführt, welche dereinst immer bei festlichen Gelegenheiten in der Peterskirche zu Rom aufgeführt wurde, so oft der Pabst das Hochamt hielt.

Curt hat die Strapatzen gut ausgehalten - und freut sich, dass heute der erste Tag seit den Ferien ist, an dem er ganz frei hat. Das kleine Billard, welches ich ihm schenkte, macht ihm viel Spass - Es spannt das geistige Denken ab. -