Hausarzt Johann Nepomuk Nussbaum über den Gesundheitszustand von Franziska und Josef Rheinberger.


M[ünchen], Samstag, 24.5.85

Verehrteste Frau Rheinberger!

Soeben erhalte ich Ihren Brief und möchte ihn vor Ihrem lieben morgendlichen Erscheinen schon etwas näher betrachten mit Ihnen. Ihre 3 Fragen beantworten sich dann materiell und objektiv so:

Sie können ohne Gefahr für Ihren Ehemann denselben verlassen und nach Wildbad [1] gehen.

Er ist in keiner ernsten Gefahr, weil der Zeigefinger heilt.

Man kann die Düsseldorfer Reise risquiren, wenn er die Hand nicht mit Dirigiren anstrengt.

Aber, aber, aber!

Glauben Sie, dass Ihr Organismus genest und sich kräftigt, wenn Sie mit Ihrer unnachahmlichen Sorgfalt und Liebe für Ihren Ehemann von ihm getrennt leben, sich Tag und Nacht um ihn sorgen, sich mit allerlei Gespenstern von Verschlimmerung seines Leidens quälen?

Ich fürchte, Ihre Restauration dürfte sehr karg ausfallen. Glauben Sie so stark zu sein und die Sorgen von Ihrem Körper abhalten zu können?

Das ist sehr zu bedenken, Wildbad wird gut thun, die Trennung aber nicht.

Ihr aufrichtiger Freund

Nussbaum.

______________

[1] Wildbad = Wildbad Kreuth