H. Basserman möchte eine Auskunft über Philipp Wolfrum als ehemaliger Schüler Rheinbergers


Heidelberg, 13. Februar 1884

 

Heidelberg, den 13.2.1884.

Ew. Hochwohlgeboren,

wollen gütigst verzeihen, wenn sich Unterzeichneter, obwohl Ihnen persönlich unbekannt, erlaubt, eine Anfrage bezw. Bitte an Sie zu richten. Ich bin dazu veranlasst durch Herrn Musikdirector Herzog von Erlangen. Dieser nämlich hat mir auf meine Erkundigung nach einer Persönlichkeit, welche geeignet wäre, den Musikunterricht an hiesigem ev. prot. theologischen Seminar (Universitätsanstalt) sowie den musicalischen Theil des academischen Gottesdienstes hier zu besorgen, Herrn Wolfrum [1], z. Z. Musiklehrer am kgl. Schullehrerseminar in Bamberg, genannt und dabei erwähnt, dass derselbe zu Ihren Schülern gehöre. So darf ich wohl annehmen, dass das Interesse, welches Sie an dem genannten Herren nehmen, Sie geneigt machen werde, meiner Bitte zu willfahren, welche dahin geht, mir einige Mittheilungen über denselben zu machen. Es handelt sich bei der in Rede stehenden Aufgabe um die Unterweisung unsrer Theologie-Studierenden in kirchlicher Musik, soweit ein Verständnis davon für die künftigen protest. Pfarrer nothwenig erscheint, insbesondere um theoretisch und praktische Einführung in den evangel. Choral (in zwei bis drei Stunden die Woche), ferner um ein gutes Orgelspiel im academischen und Seminarübungsgottesdienst (zwei die Woche), womöglich auch Anleitung zu demselben, endlich um die sehr wünschenswerthe Gründung und Direction eines academischen Kirchenchors oder auch eines studentischen Gesangvereins. Der Betreffende würde also in seiner Zeit garnicht viel in Anspruch genommen sein, also hinreichend Musse haben, besonders während der Universitätsferien, entweder Privatstunden oder zur Selbstweiterbildung.

Den Erfordernissen dieser Stellung entsprechend geht meine Bitte dahin, Sie möchten mir über die musicalischen Befähigung und Tüchtigkeit des Genannten überhaupt, sodann speciell über seine Leistungsfähigkeit im Orgelspiel, über seine Lehr- und Directionsgabe, wie endlich über seine Persönlichkeit geneigtest Auskunft ertheilen.

Ihre Rückäusserungen, denen ich entgegensehen zu dürfen hoffe werden selbstverständlich durchaus discret behandelt werden. Ebenso darf ich bitten, auch diese meiner Anfrage als eine vertrauliche anzusehen.

Indem ich die Hoffnung ausspreche, dass Sie mir die Kühnheit, mit welcher ich mich in dieser Angelegenheit an Sie gewendet habe, nicht verargen, sondern durch das Interesse entschuldigen werden, welches ich als Director der obengenannten Anstalt an der Gewinnung eines tüchtigen Musiklehrers für dieselbe haben muss, zeichne ich im Voraus für Ihre Bemühung verbindlichst dankend,

in vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Prof. Dr. H. Bassermann,

Director des ev. pr. Theol. Seminars.

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[1] Philipp Wolfrum (1854-1919) wurde 1884 Professor an der Universität in Heidelberg. Er wirkte auch als Komponist und Dirigent. Seine Promotionsschrift "Die Entstehung und erste Entwicklung des deutschen evangelischen Kirchenliedes in musikalischer Beziehung" erschien 1890 in Leipzig.