Johann Georg Herzog bedankt sich für die Anteilnahme zum Tod seiner Tochter


Erlangen 26. Juni 1880

 

Hochverehrte Frau!

Ich bin Ihnen immer noch einen ganz besonderen Dank schuldig und muss dringend um Ihre freundliche Entschuldigung bitten, dass dieser so spät an Sie gelangt. Sie haben mir nach dem Tode meiner Tochter eine eigenhändige Abschrift von dem schönen Gesang von Barnabei geschickt. Das hat mich ausserordentlich gefreut und die herrliche, tief kirchliche Composition war mir eine rechte Erquickung in den Stunden tiefster Trauer. Also tausend Dank für diese freundliche Aufmerksamkeit. Freude und Interesse hat es bei mir auch erweckt, dass Sie ganz die selbe Handschrift haben wie Meister Rheinberger.

Werden Sie wohl wieder während der Ferien nach Kreuth gehen? Ich habe vor, mit meiner Frau, die von wiederholten schweren Verlusten sehr angegriffen ist und Solbäder gebrauchen soll, nach Hallein bei Salzburg zu gehen. Auch möchte ich bei dieser Gelegenheit einmal die Oberammergauer Passionsspiele sehen. -

Vor einigen Tagen besuchten meinen Gesangsverein zwei Damen aus München: Frl. Dollmann, welche lebhaft bedauerte, dass Freund Rheinberger nicht mehr den Oratorienverein leitet. Die Mitglieder scheinen mit dem Nachfolger nicht ganz zufrieden zu sein.

Warum wohl von Rheinberger's Opern keine Aufführung in München mehr stattfindet? Neulich wurde ich in einer Gesellschaft darum gefragt; ich wusste aber nichts anderes zu sagen als die Worte Bacherls: "Was die Menschen haben, wollen sie nicht, und was sie wollen, haben sie nicht."

Mit den allerschönsten Grüssen

Ihr ganz ergebener

Dr. J.G. Herzog.

 

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