Jos. Rheinberger versucht mit seinem Brief Trost zu spenden, da sein Bruder Tony gestorben ist


Brief von Jos. Rheinberger an David Rheinberger:

München d. 17/4.73

Lieber Bruder David!

Heute früh erhielten wir Dein Telegramm mit der schmerzlichen Nachricht von dem Tode unseres guten armen Tony. War mir das Ereignis auch nicht unerwartet, so glaubte ich nach Malys letztem Brief e die Krankheit noch nicht so weit vorgerückt. Unser Aller Trost ist es, dass der Tod für den Ärmsten nach dem Leben eines Märtyrers nur im wahrsten Sinne des Wortes Erlösung zu einem bessern Leben sein kann und muss, und so -möge ihm, dem guten und treuen Herzen, die Erde leicht sein!

Die armen Eltern! Was gäbe ich darum, wenn ich sie trösten könnte, wenn nur die liebe Mutter bei diesem Schlage standhaft bleibt! Ich habe Fanny bestimmt, an Peter zu schreiben, dass er doch den kleinen Egon [1] auf einige Zeit zu den Eltern hinuntergebe, damit sie an dem Kinde doch eine gewisse Zerstreuung haben.-

Ich kann leider zu dem Begräbnisse nicht kommen, da ich der Oper wegen hier sein muss, obschon mir wenig darum zu Muth ist.

Im September kommen wir dann zur Orgelübergabe, worum mich auch Herr Steinmeyer persönlich ersucht hat. Grüsse mir die lieben guten Eltern; möchte doch das arme und treue Mitgefühl ihren Schmerz lindern!

Mit brüderlichem Grusse

Dein Bruder

Josef Rheinberger.

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[1] Der Sohn von Rheinbergers Bruder Peter, vgl. auch den Brief von Rheinberger an seinen Bruder David vom 26.06.1872.