Brief von Georg Herzog an Jos. Rheinberger
Erlangen, den 14. Sept. 1871
Sehr geehrter Freund!
Ich muss mich sehr bei Dir entschuldigen, dass ich Dir für die Übersendung Deiner letzten Composition noch nicht gedankt habe. Es ist nun jetzt ein Jahr, dass ich in so gefährlicher Weise erkrankte und noch habe ich mich noch nicht ganz erholt. Ein Leiden an der Hand, welches mich zeitweise vom Spiel abhält und mich leider auch um die schöne Reise nach London gebracht hat, verstimmt mich sehr und nimmt mir häufig alle Lebenslust. Von einem längeren Badeaufenthalt zurückgekehrt will ich nun nicht länger anstehen, Dir zu schreiben. Sei mir nicht böse. Beide Sachen haben mir eine recht grosse Freude gemacht. Die Gesangspièce gedenke ich diesen Winter hier singen zu lassen; die Trios [1] habe ich und meine besseren Schüler fleissig gespielt. Sie gehören zu dem B e s t e n, was in neuerer Zeit in dieser Art geschrieben worden ist. Eine kurze, sehr anerkennende Anzeige findet sich in Urania 1871, Nr. 4, Seite 60, Verlag v. Körner in Erfurt. Sie wird Dir Freude machen. Auch das mir überlassene Trio ist bereits gedruckt, denn die 2te Auflage der Orgelschule ist fertig. Ich habe den Verleger beauftragt, dem k. Conservatorium ein Exemplar einzusenden.
Von Glötzner, der inzwischen im Orgelspiel sehr gute Fortschritte gemacht hat, habe ich gehört, dass Du wieder im Bade Kreuth gewesen bist. Hoffentlich hat es auch diesmal wieder seine gute Wirkung gethan. Sei überzeugt, dass nicht leicht jemand an Deinem Leben und Schaffen regeren Antheil nimmt, als ich. Aus meinem Briefe wirst Du das freilich nicht recht ersehen können. Lebe wohl, empfehle mich Deiner verehrten Frau und bleibe mir gewogen.
In herzlicher Liebe und Verehrung
Dein treuer Freund
J.G. Herzog.
Deiner verehrten Frau Gemahlin danke ich noch besonders für das den Noten beigefügte Begleitschreiben. Wenn Du Frl. Schmidtlein siehst, so grüsse sie bestens. Hz.
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[1] Zehn Trios für Orgel, Op. 49.