Georg Herzog (1822-1909), ehemaliger Orgellehrer Rheinberges, schreibt ihm aus Erlangen:
Erlangen, den 23. Okt. 1869.
Verehrter Freund!
Sei mir nicht böse, dass ich so lange gewartet habe, um Dir zu danken für das mir übersandte herrliche Geschenk. Die Gründe sind: eine längere Reise, die sich diessmal bis nach Mailand erstreckte, und dann nach meiner Zurückkunft, Uebersiedlung in eine andere Wohnung, die namentlich für einen Musiker höchst prosaisch und fatal ist. Also ich bitte um freundlichste Nachsicht.
Mit dem schönen Opus hast Du mir eine sehr grosse Freude gemacht. Ich finde die Sonate ganz vortrefflich, namentlich ist der letzte Satz, die Doppelfuge, ein wahres Meisterwerk. Bei meiner nächsten Orgelproduktion gedenke ich dieselbe zu spielen; wir haben hier ein zwar kleines, aber ein recht gewähltes und dankbares Publikum. Dass ich die Sonate ordentlich studire vorher, darfst Du versichert sein.
Als ich jüngst, Ende August, einige Tage in München verweilte, hätte ich gar zu gern Deine Oper gehört. Leider war es mir nicht vergönnt, dieses Werk kennen zu lernen und auch der glückliche Autor steckte noch in Kreuth und war daher nicht zu sehen.
Von meiner Orgelschule erscheint bis Weihnachten eine 2te verbesserte Auflage. Wenn es Dir möglich ware, dazu eine Fuge zu schreiben, ware mir das sehr angenehm, aber sie müsste im strengen Orgelstyl und nicht zu lang sein; ungefähr wie die von Schumann in g-moll (in der Orgelschule [1]).
Die zweite Auflage wird fast in allen bayerischen Seminarien und Präparandenanstalten eingeführt. Von den prot. Chorälen bleiben viele weg. Wenn Dir unterdessen Verbesserungen eingefallen sind, so schreibe es mir.
Und nun nochmals meinen herzlichsten Dank. Empfehle mich Deiner verehrten Frau Gemahlin bestens.
Lebe herzlich wohl!
Mit innigster Liebe und Verehrung
Dein ergebenster
Herzog.
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[1] J.G. Herzog "Orgelschule" op. 41; 1. Auflage Leipzig 1867.