Josef Rheinberger schreibt an seinen Vater in Vaduz:
Theuerster Vater!
Es hat mich herzlichst gefreut, nach so langer Zeit wieder einmal Ihre Schriftzüge zu sehen und da meine Geschäfte gegenwärtig nicht mehr so dringend sind, so eile ich mich, auch wieder einmal ein Lebenszeichen von mir zu geben. Dass meine Oper vortrefflich ausgefallen ist, wissen Sie, wohl aber noch nicht, dass sie schon Mitte September in Mannheim in Scene gehen soll. Der Mannheimer Kapellmeister (auch ein Lachner, aber kein so "hartgebackener" wie der hiesige war) schrieb mir einen höchst liebenswürdigen Brief über mein Werk. Auch vom Dresdener Hoftheater kam eine Anfrage an mich - ich unterhandele gegenwärtig noch. -
Von Weimar weiss ich aus privater aber sicherster Quelle, dass der Grossherzog den Wunsch geäussert hat, im Laufe des Winters mein Werk auf dortiger Bühne zu sehen. -
Leider ist Frl. Stehle krank, so dass wir momentan hier keine Wiederholung haben. -
Meine Frau muss wahrscheinlich in nächster Zeit nach Wildbad; doch ist es noch nicht gewiss. -
Wie geht es jetzt im rothen Haus [1]? Hoffentlich endlich einmal entschieden besser.
Wie geht es Ihnen, theuerste Eltern?
Die herzlichsten Grüsse an alle lieben Angehörigen, besonders dem lieben "Mammele"
von Eurem
dankbaren
Sohn Josef Rh.
München den 10/6 69
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[1] Mittelalterliches Haus in Vaduz; seit 1807 im Besitz der Familie Rheinberger.