Die Münchener Propyläen" I. Jahrgang 1869, Nr. 18; 30. April 1869, berichten:
S. 425/427: Wochenbericht über die Münchener Hoftheater.
Zu den zwei Shakespeare-Vorführungen der vergangenen Woche brachte die laufende noch zwei weitere: "Heinrich IV" und "Der Widerspänstigen Zähmung". Das ist viel des Guten, recht viel...
In der "Widerspänstigen Zähmung" gab Hr. Ruthling den Petruccio zu grossem Dank des Publikums, was auch der Referent nicht anders als gerechtfertigt finden kann... Es war eine Vorstellung bei gewöhnlichen Preisen vor dem alltäglichen, stühlerückenden, räuspernden, schwatzenden, indolenten Publikum...
Es ist dieser Aufführung ... hier auch zu gedenken, insoferne sie durch eine neue, von J. Rheinberger eigens für das genannte Lustspiel geschriebene Ouverture eingeleitet wurde. Das gediegene Wissen und die edle Richtung, wodurch sich alle bisher veröffentlichten Werke Rheinbergers zunächst charakterisieren, zeichnete in erster Linie auch diese Ouverture aus. So erfreut denn der Bau des Ganzen nicht minder durch Ebenmass, als das Detail durch interessante Polyphonie (schon der Hauptsatz des Allegros erscheint im Gewande eines zierlichen Fugatos), während die effectvolle Behandlung des Orchesters allenthalben die reiche Erfahrung des Componisten bekundet. Wenn man in irgendeinem Punkte vielleicht anderer Meinung sein kann, als der Tondichter, so betrifft es den Schluss des Werkes. An sich betrachtet ist gegen denselben allerdings keine Einwendung zu erheben, allein mit Rücksicht auf die zu Grunde gelegte Richtung möchte es immerhin fraglich bleiben, ob er nicht etwas zu pathetisch ausgefallen sei. -
Die Ausführung gelang unter der Direction des Hrn. v. Bülow in trefflicher Weise.
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