Baron von Perfall an J.G. Rheinberger [1]
12. August 1867
KOENIGLICH BAYRISCHE HOF-MUSIK-INTENDANZ an Herrn Joseph Rheinberger.
Unter Rückschluss des durch Allerhöchste Entschliessung vom 11.d.Mts. genehmigten Dienstvertrages wird hiermit Herrn Joseph Rheinberger der für die Kgl. Musikschule Allerhöchst verordnete Lehrplan, insoweit derselbe auf seine künftige artistische Thätigkeit Bezug hat, mitgetheilt.
Derselbe schreibt 1tens betreffs des Unterrichtes im Orgelspiel vor: für die I u. II Klasse: Entwicklung der Fähigkeit, den gottesdienstlichen Anforderungen zu genügen bis zur Ausbildung des Concertvortrages,- Kenntniss des Orgelbaues. 2tens betreffs des Unterrichts in den höheren Zweigen der musikalischen Theorie: für die I Klasse: Einfachen Contrapunct, Imitationslehre, einfache Fuge, Canon, doppelten Contrapunct, Doppelfuge; für die II. Klasse: Formenlehre und Instrumentation.
Da nach Allerhöchster Bestimmung der Lehrgang und die Eitheilung des Lehrstoffes hinsichtlich der allgemeinen Grundzüge im Lehrerrathe festzustellen sind, so erhält Herr Joseph Rheinberger die Weisung, ein diese Grundzüge feststellendes Elaborat unter Angabe der bei der Unterrichtsertheilung etwa sich bedienender Lehrbücher etc. bis 15t. September anher zu übersenden und bis 30t. September in München anwesend zu seyn, um der am 1t. Oktober stattfindenden ersten Sitzung des Lehrerrathes beizuwohnen.
München, den 12. August 1867
Baron von Perfall.
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[1] Rheinbergers eigene Unterrichtsdisposition ist in der Form des oben genannten Schriftstückes nicht erhalten. Sein Lehrgang ist in den Zensurbüchern (4 Bände 1867-1885) und dem "Lehrkurs des Contrapunkts der Kgl. Musikschule, Jahrgang 1867/68" niedergelegt, die in der Bayerischen Staatsbibliothek in München (Mus. Mss. 4738) und im Josef Rheinberger- Archiv, Vaduz zugänglich sind.