J.G. Rheinberger sagt zu seinem Bruder David, dass er schnellstens heiraten möchte.


Brief an seinen Bruder David
13. April 1867, München
 

Lieber Bruder David!
Deinem Brief zufolge werde ich liechtensteinischer Staatsbürger [1] bleiben und sende hiermit auch den Taufschein Fannys mit - ebenso die 70 und 12 Gulden mit dem freundlichen Ersuchen, mir alles Erforderliche bei der Gemeinde Vaduz zu betreiben und mich nicht zu lange warten zu lassen. Ebenso bitte ich dem Vaduzer Pfarramte anzuzeigen, dass wir verkündet werden [2]möchten. Hier in der St. Ludwigskirche werden wir nur einmal verkündet; his Ende April muss ich heirathen, da meine Wohnung vom 1. Mai an schon anderweitig vermiethet ist. Du siehst also, dass es pressirt. -

Vaters Brief hat Fanny sehr erfreut; Peters und Lisis Briefe habe ich erhalten - an Onkel in Chur und Maxentia in Zams habe ich geschrieben - so lebhaft ist's auf der Vaduzer Post wohl schon lange nicht mehr hergegangen! Sei doch so freundlich und schreibe Deiner künftigen Schwägerin, die, wie ich Dich versichern kann, eine höchst liebenswürdige Dame ist, auch ein kleines Briefchen - es braucht eben nicht zu graziös od. elegant zu sein. Ich werde hier dieser Parthie wegen viel beneidet und babe mehrere angesehene Mitbewerber ausgestochen; - hoffentlich werden wir glücklich. Gestern (den 12. April, schmerzh. Freitag) als dem Jahrestag der furchtbaren Operation, welche Fanny durchgemacht, wurde in der Ludwigskirche unter meiner Direction mein Stabat mater aufgeführt, das Fanny mit 1000 fl in die Kirche stiftete, und das nun zu dieser Erinnerung alle Jahre aufgeführt werden muss. Fanny sang die Solis und die Kirche war gesteckt voll Leute. -

Maly wünschte die Übersendung von Verlobungskarten; wir liessen keine machen, werden aber Verehelichungsanzeigen ausgeben, wovon ich eine Parthie heimsenden werde. Peter lasse ich zu seinem rothen Haus nebst Weinberg alles Gute wünschen.
Es wird wieder garstig viel politisirt, doch nehme ich natürlich wenig Theil daran. Beiliegend die von Dir als erforderlich bezeichnete Summe.
Sei so freundlich und betreibe Alles schnell, und sei unseres Dankes im Vorhinein überzeugt.

Fanny lässt Alle herzlichst grüssen, sowie auch
Dein Dich liebender Bruder
Jos. Rheinberger
München 13/4 67

NB: Meine neuen Compositionen sind schon erschienen, und die Sinfonie ist auch schon im Stich; das geht jetzt rasch.

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[1] Rh. blieb bis zu seinem Tode liechtensteinischer Staatsbürger
[2] ...dass wir verkündet werden = der kirchlichen Trauung ging eine dreimalige Verkündigung von der Kanzel während den Gottesdiensten der vorangehenden Sonn- und Feiertage voraus.