J.G. Rheinberger diskutiert ausführlich die Vorstellung seiner Symphonie in einem Brief an seinen Bruder David.


Brief an seinen Bruder David
1. Dezember 1866, München


Lieber Bruder David!
Herzlichen Dank für Deinen letzten Brief; ich erhielt ihn unmittelbar vor der II. Vorstellung des 'Magus', so dass ich ihn im Theaterorchestre las, angethan mit meinem neuen 'unwiderstehlichen' Frack. Auch diese Vorstellung, welche ich wieder selbst dirigirte, fand ein volles Haus und grossen Beifall. -
Und nun gar meine 'Wallenstein-Sinfonie' - die hat gehörig durchgeschlagen, wie seit Jahren kein neues Sinfonie-Werk. Man war sehr darauf gespannt, schon des interessanten Titels wegen, und der ganze, enorme Odeons-Saal zum Drücken voll. Es war mir doch ein bischen sonderbar zu Muth, als ich ein so herrliches Orchestre von 100 Mann unter meinem Kommando hatte und eine Legion von Opernguckern auf mich gerichtet war, als ich das Direktionspult bestieg; aber mit dem ersten Ton war meine Befangenheit weg und der Beifall stieg gradatim von Nummer zu Nummer - am Schluss war ein endloser Beifall, in den auch das ganze Orchestre einstimmte; so was hat denn doch etwas ergreifendes, und ich sagte heimlich ein herzliches 'Gott sei Dank.'
Lachner zeigte sich in der ganzen Angelegenheit sehr freundlich, und äusserte sich überall über mein Werk so lobend, dass ich es gar nicht zu schreiben getraue; er hat sich darin seit der für ihn trüben Wagner-Periode etwas geändert. Ja, wenn Complimente Dukaten wären, könnte ich jetzt einige Jahre sorgenlos leben. -
Um über das künftige Conservatorium etwas positives zu erfahren, verlangte ich mit noch ein paar Ex-Collegen Audienz bei Minister v. Gresser. S. Exzellenz waren überaus gnädig und sagten, sie wollten bei Rückkunft des Königs wieder bei ihm anfragen - ich glaube aber nicht, dass, solange Wagner dort in Gnade steht, etwas zu machen sein wird. -
Die Wintermützen werde ich dieser Tage mit etwaigen 'Rezensionen' senden. Apropos, hast Du die in der Allg. Z. gelesen? Bist jetzt zufrieden? sie scheint aus Riehl's Feder zu sein.

Die herzlichsten Grüsse an die lieben Eltern und alle Angehörigen, besonders an Dich

von Deinem Dich liebenden Bruder

Josef Rheinberger.

M. d.1/12 66.

Von Maier's viele Grüsse, auch von der alten Frau Maier an Maly.

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