J.G. Rheinberger schreibt seiner Schwester ein längst überfälligen Brief, er erzählt ihr dass er nicht viel zu sagen hat und hat sich an das alleine wohnen angewöhnt.


Brief an seine Schwester Mali
8. Oktober 1866, München


Liebe Maly!

Da ich Dir schon lange einen Brief schuldig bin, so muss ich Dir denn doch endlich einmal schreiben, selbst auf die Gefahr bin, dass ich wirklich nicht viel zu schreiben weiss; denn nur Grüsse zu schreiben, ist zwar auch recht schön, im Grunde aber doch langweilig. Da Du leider so lange von hier fortbleiben musst, so habe ich nun selbst gelernt, Einiges für eine Junggesellenhaushaltung zu besorgen, z. B. einen Knopf an= oder ein Heft zusammenzunähen; es ist dies zwar nicht so leicht und geht ohne in den Finger zu stechen nicht ab, aber mit Geduld und etwas Nachdenken geht es am Ende doch. -
Am 'Wunderthätigen Magus' wird jetzt studirt, hoffentlich kommt er Anfangs November daran; auch hat sich Lachner erbeten meine 'Wallenstein-Sinfonie' aufzuführen. Nous verrons. -

Maier's [1] sind noch in Konstanz, kommen aber diese Woche zurück. -
Was es allenfails Neues geben kann, wirst Du wohl durch Fr. v. Hoffnaass wissen; sie geht auf einige Tage nach Tutzing am Starnberger-See zu Ringseis.
Stielers sind wieder alle hier. Eugen (Longinus) und Dürk gehen auf die Berliner Universität.
Werners lassen Dich grüssen.
Wie geht es Lisi? es soll sich nur recht schonen, hoffentlich thut ihr Deine Geseilschaft wohl. -

Wenn das Wetter bei Euch auch so wunderschön ist wie hier, so könnt Ihr noch guten Wein bekommen. -
Mein Husten bessert sich, so dass mir Kreuth doch gut angeschlagen.
Ist es denn wahr, dass Peter so 'gestreng' geworden, seit er Hauptmann ist? 'Das wär jo us der Wies'!- [2]
Die lieben Eltern, David, Toni, Lisi, 's 'Hoppmaa's uf irr Schloss, Herrn Hofkaplan Fetz lasse ich grüssen und verbleibe wie immer in treuer Liebe Dein
Bruder Kurt.
M. d. 8/10 66.
Nero lebt schon noch, wird aber alle Tag 'schöner', grad wie der Boi seinerzeit.

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[1] Maier's = Julius Joseph Maier
[2] "Das war jo us der Wies" = mundartlich: das wäre ausser jcder Norm. (Nach dér Rückkehr des Liechtensteinischen Militärkontingentes nach Vaduz wurde Peter Rh. zum Hauptmann befördert. Nach Auflösung der Truppe im Jahre 1868 wurde er unter Belassung des Titels zum Landestechniker

ernannt.)